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Ein Fall für Oberwachtmeister Knöllenbeck: Markscheids erster Kriminalfall

Veröffentlicht von Ambros Braesius am

Bislang wurde Markscheid von schweren Verbrechen verschont, sieht man einmal ab von fahrlässigen Nahrungsmittelvergiftungen, zufälligen oder beabsichtigten Fensterstürzen, Hexenverbrennungen und anderen kirchlichen Notwendigkeiten in der Vergangenheit.

Im März dieses Jahres machten aber die Markscheider einen grausigen Fund im Fickwalder Forst. Spielende Kinder – und hier fragt sich der Leser sicher, „was haben spielende Kinder im Fickwalder Forst verloren?“ – fanden ein Bein. Ein menschliches Bein mit einem Schuh.

Hier fanden die Kinder das Bein

Die Kinder erkannten sofort den Ernst der Lage: sie sicherten das Bein, weil sie wussten, Beine dienen der Fortbewegung und ein Bein allein gilt als ziemlich orientierungslos und gefährdet, wenn es sich fortbewegt. Also holten die Kinder Dr. Scheider.

Das Aushängeschild Markscheider Medizinkunst stellte mit fachkundigem Blick sofort fest, dass das Bein nicht mehr gehfähig war, zu sehr hatte der Zahn der Zeit die ausgeprägt vorhandene Muskulatur und das schon zu Lebzeiten recht abgenutzte Kniegelenk beeinträchtigt, was Ruhigstellung oder Wiederbelebungsmassnahmen also unnötig machten. Ausserdem roch es schon etwas streng und die Anzahl Maden konnten es mit der Pizza 99 von El aufnehmen. Am Fuss befand sich ein gut erhaltener, also noch brauchbarer Sportschuh. Dr. Scheider, da er das Bein nicht weiter zuordnen konnte und es offensichtlich durch einen unnatürlichen Vorgang vom dazugehörigen Rest des Körpers getrennt worden war, rief den Markscheider Stadtpolizisten Kriminaloberwachtmeister Rupert Knöllenbeck.

Hier sehen wir Knöllenbeck auf dem Weg zum Tatort. Die Person rechts neben ihm ist Koukol, der schusselige Assistent, der mit voller Absicht nirgends erwähnt wird.

Der war zuerst etwas ungehalten, weil man ihn vom lukrativen Knöllchenverteilen wegrief und er gerade etwas knapp bei Kasse war. Dann hatte er ein Einsehen, bewaffnete sich ausreichend mit Schreckschusspistole und Kugelschreiber und kam gemessenen und würdigen Schritts in den Fickwalder Forst an den Fundort. Die erste Amtshandlung war das Massregeln der Kinder wegen ungebührlichen Auffindens menschlicher Körperteile. Ein entsprechender Bescheid (wegen versäumter Unterschlagung einer Fundsache) wird den Eltern heute noch zugestellt. Dann widmete er sich seiner Aufgabe:

Da ihm ein solcher Fall noch nicht vorgekommen war,  schaute er in seinem Markscheider Polizeidienstreglement im Kapitel 14 „Beine, einzeln aufgefunden“ nach, (das hier auszugsweise zitiert werden soll, weil es von allgemeinem Interesse ist) und handelte dann nach Vorschrift, die da lautet:

  1. Oberes Ende des Beines inspizieren, folgende Fragen beantworten:
    1. 1. Ist es ein linkes oder ein rechtes Bein? Wenn Nein, gehe man nachhause und schliesse die Tür sorgfältig hinter sich. Wenn Ja, fahre man fort mit der Untersuchung: Wurde die Trennung gewaltsam herbeigeführt? Wenn ja, gehe zu Punkt 1.2. 
      1. 2. ist die Trennung durch tierische oder menschliche oder gar ausserirdische Einwirkung herbeigeführt worden? Wenn ja, gehe zu Punkt 2. Wenn Nein, gehe ins Gasthaus und erstatte der Bevölkerung Bericht bei einem beruhigenden Bier.
  2. Herausfinden, ob jemand das Bein vermisst.
  3. Wenn nein, die Bevölkerung anfragen, ob der Besitzer oder die Besitzerin des Beines bekannt ist. Schuhwerk, Tattoos, Strümpfe, Anzahl Zehen, Hühneraugen dokumentieren. Abnutzungsgrad des Schuhs – falls vorhanden – beurteilen.  Einbeinige Mitbürger befragen, deren Alibi überprüfen.
  4. Wenn die Ermittlungsarbeit, wie zu erwarten, keine Resultate bringt, im „Markscheider Anzeiger“ Aufruf mit Bild starten: „Dieses Bein wurde gefunden,  wo ist der Rest, wer weiss etwas ? Wir bitten den Rest, sich zu melden“, dann 3 Monate warten, Rückmeldungen auswerten.
  5. Wenn kein Resultat, Bein anständig beerdigen und Grabinschrift zwecks Kostenersparnis einfach halten: Hier ruht ein Bein, Besitzer unbekannt, es hat seinen Weg hinter sich, gefunden am ……
  6. Fall abschliessen oder an Aktenzeichen XY weitergeben oder auch nicht.

In unserem Fall begab sich aber der findige Kriminalist entgegen den Anweisungen des Dienstreglements zuerst in die wahrscheinlichsten Sammelstellen für Körperteile, die örtliche Gaststätte (Verwertung von Weichteilen) und dann in den Devotionalienladen (Verwertung von knöchernen Rückständen). Die Idee war gut, blieb aber leider erfolglos. Niemand wusste etwas, doch in beiden Lokalitäten wurde lebhaftes, fachliches Interesse am Corpus delicti angemeldet.

So blieb Oberwachtmeister Knöllenbeck nichts anderes übrig, als sich Punkt für Punkt durch die Dienstanweisung zu arbeiten. Schliesslich, nach 5 Wochen, meldete sich ein Informant aus der Mafia der Organhandelszene, (Unterabteilung Spitzensport und Fussball) und gab an, ihm sei zu Ohren gekommen, dass verschiedene Lieferungen in letzter Zeit notfallmässig hatten entsorgt werden müssen, weil die Kühlkette durch zu lange Pausen wegen Dieselabgaskontrollen der Transporter auf der Autobahn unterbrochen worden sei. Da könnte es durchaus vorgekommen sein, dass ein 1A-Spitzensportlerbein im Fickwalder Forst liegengeblieben sei.

Also machte Kriminaloberwachtmeister Knöllenbeck ein Schreiben mit folgendem Inhalt an die übergeordnete Kreiskriminalaufsichtsbehörde: 

„Wir ersuchen die Behörde, die nicht zielführenden Dieselabgaskontrollen auf den Autobahnzubringern zu Markscheid künftig zu unterlassen, damit es nicht weiterhin zu unnötigen Sichtungen von abgetrennten Körperteilen im Fickwalder Forst kommt.“

Dem Ersuchen wurde umgehend, d.h. nach etwa 9 Monaten stattgegeben.

Nun konnte der Fall endlich zufriedenstellend abgeschlossen werden und somit ist auch geklärt, warum es um Markscheid herum keine Dieselabgaskontrollen mehr gibt.

Kategorien: Alltag