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Ziehung der Wehrpflichtigenzahlen

Veröffentlicht von Phacops am

Es ist wie in der schlechten alten Zeit. Samstagabend, die Kinder sitzen frisch gebadet vor dem Zwangsfunk und starren auf den Flachbildschirm.

Alle Familien, insbesondere mit Söhnen zwischen 16 und 29 verfallen in Aufregung. Am Ende der allabendlichen Indoktrination steht das zentrale Ereignis für den Bundesbürger an. Es ist nicht der Wetterbericht mit den neuesten Klimakatastrophen vom sibirischen Winter bis zur Saharasonne, die sich in 27 Grad im Hochsommer mit Millionen Hitzetoten austobt, sondern ein Ereignis von immenser Tragweite: Die Ziehung der Wehrpflichtigen.

Hübsche leicht- bis unbekleidete Damen des Kriegsballetts, früher Karbolmäuschen genannt, hüpfen durchs Bild. Die Ziehung selbst leitet der amtierende Verweigerungsminister. Wie immer hat sich einer der Verfassungsrichter von der ordnungsgemäßen Ausstattung des Ziehungsgeräts überzeugt. Er kann sich sicher sein, dass weder der Nachwuchs der amtierenden Parteien sowie deren Speichellecker, als auch leitender Beamter in den Lostopf gelangen konnten.

Diese jungen Leute haben Glück gehabt

Mit jovialer Stimme, unterstützt von einer zauberhaften Blondine, drückt er auf einen großen roten Knopf. Die Damen vollführen ein Ballett, die Spannung vor den Monitoren steigt. Endlich erscheinen die ersten Zahlen.

Seine persönliche Assistentin hält die ersten Ziffern als Ausdruck in den Händen.

Die Zuschauer zittern vor Anspannung. Nun gibt es die Zugehörigkeit zur siegreichen deutschen Armee zu gewinnen.

Die Postleitzahl wird angezeigt. In vielen Stuben macht sich die Enttäuschung breit. In dem entsprechenden Gebiet allerdings werden erste Jubelschreie hörbar.

Erneuter Druck auf den roten Knopf und eine Liste der Steuernummern rattert aus dem altmodischen Drucker. Abwechselnd lesen die jungen Damen die einzelnen Ziffern vor, aufmerksam beobachtet von dem Verweigerungsminister und dem Verfassungsrichter.
Nach dreißig Minuten ist leider schon die Show vorbei.

Mit den Worten: „Die glücklichen Gewinner der Lotterie erhalten in den nächsten Tagen den Marschbefehl“, schließt der Minister die Show, bekommt noch ein Küsschen seiner Assistentin.

In 50 Haushalten freuen sich nun die jungen Männer, dass sie sich fürs Vaterland und die Parteien opfern dürfen. Nur die jungen Mädchen sind sauer: Wo bleibt denn die Gleichberechtigung, wenn nur die Männer die Chance erhalten, in Bodybags nach Hause überführt zu werden und auf dem Heldenfriedhof die letzte Ruhe finden zu dürfen?