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Der Fruhjarspuz

Veröffentlicht von Ambros Braesius am

Nachdem verschiedentlich Kritik an der orthographischen und semantischen Qualität der Markscheider Presse – dieses Organ eingeschlossen – laut wurde, sann die Stadtverwaltung auf Abhilfe. Dazu kam, dass sich die gesprochene und geschriebene Sprache der jungen Markscheider mittlerweile so stark in Richtung Prägnanz und Stringenz entwickelt hat, dass schon innerhalb von organisch gewachsenen Familienclans durch die Kluft zwischen herkömmlicher und neuer Sprache die Kommunikation sehr erschwert bis kaum mehr möglich wurde. Wir geben ein Beispiel:

So wurde früher der berechtigte Anspruch auf den Teuerungsausgleich eines Minderjährigen gegenüber seiner alleinerziehenden Mutter etwa wie folgt zum Ausdruck gebracht: „Erziehungsberechtigte, ich benötige dringend mehr Taschengeld, ansonsten ich mit häuslicher, ja sogar körperlicher Gewalt meiner Forderung Nachdruck verleihen werde und auch Kontusionen, Zahnverluste und Knochenbrüche deinerseits billigend in Kauf nehmen könnte“. Dieser Satz, grammatikalisch zwar korrekt, aber umständlich und verschachtelt, ist überholt und kann einfacher ausgedrückt werden. Also wird ein heutiger Halbwüchsiger sein Anliegen wie folgt formulieren:  „Hey Alde, gib mehr Kohle oder ich schlag dich Krankenhaus!“  Dem Autor fehlen fast die Worte, um die sprachgewaltige Ästhetik und robuste Eleganz dieser Formulierung zu beschreiben, die doch in ihrer Schlichtheit die Sache auf den Punkt bringt. An diesem Beispiel aus dem Alltag zeigt sich deutlich, wie  treffsicher, präziser und fast noch verständlicher die Sprache heute geworden ist. 

Es wurde ein Könner der Stilistik, der weit herum viel zu wenig bekannte Sprachwissenschaftler und Autor Urbert von Blesatzl als Gastreferendar in der Verwaltungsabteilung für Schreiben, Abschreiben, Einschreiben, Umschreiben, Verschreiben, Ausschreiben, Rechtschreiben, Unterschreiben und alle übrigen Arten von Schreiben, einschliesslich Zuschreiben eingesetzt, um die Markscheider Schreibkunst einem Frühjahrsputz zu unterziehen und neue Richtlinien zu verfassen. Herr von Blesatzl, der schon mit seinem epochalen, kulturkritischen Werk „Am Anfang war das Wort, am Ende wieder fort“ die Markscheider Fachwelt in Staunen versetzt hatte, gelang ein genialer Wurf, der sicherlich in die Kulturgeschichte von Markscheid eingehen wird.

Haptsache: verstandlich

Hier sind die neuen Richtlinien der Recht- und Schönschreibung nach Urbert von Blesatzl®:

  • DIE BUCHSTABEN

Generell soll der Orthografie weniger Bedeutung beigemessen werden, Priorität hat das Verständnis.

a. Doppelbuchstaben sind eine unnötige Verschwendung von Ressourcen und deshalb künftig zu vermeiden.

b. Umlaute und Diphtonge werden gestrichen; es genügt, den ersten Buchstaben der Diphtonge zu verwenden. Diakritische Zeichen fallen weg. ä,ö,ü werden a,o,u geschrieben.

c. Das ß wird ersatzlos gestrichen, da es im außerdeutschen, deutschen Sprachraum und in der übrigen EU* auch nicht verwendet wird.

Menschen mit Zahnproblemen- Zungenpiercings- oder Alkoholpegeln, unfähig ein scharfes Doppel-S  auszusprechen, dürfen künftig auch ein scharfes F verwenden (das Tragen einer Schutzbrille wird in solchen Situationen empfohlen).

Wird das F anstelle des SS in der geschriebenen Sprache verwendet, gehen wir davon aus, dass ein  Lispler erkannt und mit der gebotenen Nachsicht behandelt werden möchte.

d. Das schnarrende Doppel-R der dreissiger Jahre des letzten Jahrhunderts wird nur noch selten verwendet und deshalb künftig mit geschrieben oder mit Verachtung gestraft.

  • DIE SÄTZE

Mit dem Motto: „Schreib wie du willst, Hauptsache du wirst verstanden“, soll die Sprache vereinfacht und von unnötigem Schnickschnack befreit werden. Nebensätze sind umständlich und somit überflüssig. Wird bei einem zusammengesetzten oder komplizierten Wort der Sinn schon nach der ersten Hälfte klar, kann der Rest weggelassen werden.

*geografische Bezeichnungen und Eigennamen sollen der Ursprungsregion entsprechend beibehalten werden, um Konflikte zu vermeiden.

Um ein praktisches Beispiel zu geben, folgen hier die Richtlinien nochmals nach der neuen Rechtschreibung. Wir sehen schon von weitem, dass der Text, kürzer, übersichtlicher und prägnanter geworden ist:

  • DIE BUCHSTAB

Generel sol der Ortografi weniger Bedetung begemesen werden. Prioritat hat  das Verstandnis.

a. Dopelbuchstab sind eine unotige Verschwende von Resorcen. Deshalb kunftig nicht mehr.

b. Umlate  und Difte werden gestrichen; es genugt. Den ersten Buchstaben der Diphte verwenden. Diadingse falen weg. a,o,u werden a.o.u geschriben.

c. Das ß wird ersatzlos gestrichen. Es wird im aserdetschen, detschen Sprachram und in der ubrigen EU* ach nicht verwendet.

Menschen mit Zahnproblemen- Zungenpircings- oder Alkoholpegeln. Di en scharfes Dopel-S nicht asprechen konen. Durfen kunftig ach en  F verwenden (Achtung, Spucke!).

Wird das F anstele des S in der geschribenen Sprache verwendet. Gehen wir davon as. Das en  Lispler erkant und mit der gebotenen Nachsicht behandelt werden mochte.

d. Das schnarende RR der dresiger Jahre des letzten Jahrhund wird nur noch selten verwendet. Deshalb kunftig mit geschriben. Oder draf geschisn.

  • DIE SATZE:

Mit dem Moto: „Schreb wi du wilst. Haptsach du wirst verstanden“. Sol die Sprache verenfacht und von unotigem Schnick befret werden. Nebensatze sind umstandlich. Somit uberflusig.

* geografische Namen und Eigenamen musen in Original geschriben werden. Damit ken Krach.