Weiterlesen…" /> Weiterlesen…" /> ?>

Keine Zensur in Markscheid

Veröffentlicht von Markscheider Autorenkollektiv am

Nach einem Artikel in Markscheids einschlägiger Satirepostille „Sorry“ kochte die Empörung in der Stadt hoch wie die Lasagne „Tschernobyl“ in einer bekannten Pizzeria.
Frau Crohn-Corque rief zu einer Dringlichkeitssitzung und alle Stadträte und -innen erschienen prompt. Dass die meisten durch die Büttel vom SEK angekarrt wurden, ist sicherlich nur ein böses Gerücht.

Hier der Bericht über die anschliessende Pressekonferenz:
Die Bürgermeisterin wedelte mit dem Ausdruck einer Internetseite, ihr Gesicht von Zornesröte überzogen. Vielleicht waren es jedoch auch nur die Auswirkungen des billigen Chianti vom Vorabend.
„Wie kommen diese widerwärtigen Subjekte dazu, sich über meine minderjährige Cousine lustig zu machen, nur weil sie in ihrer moralisch überlegenen Rede zum Schulabschluss Kobalt mit Kobold verwechselte, wie konnten sie es wagen?“
Allgemeines Schulterzucken (und Gemurmel im Hintergrund): „Ich wars nicht“, „Ich auch nicht“, „Sie wars!“, „Hat es hier Weibsvolk unter uns?“
„Haben diese vermaledeiten Redakteure immer noch nicht geschnallt, dass hier in Markscheid nur eine bestimmt, was Satire ist? Und die bin ich!“
Sie nahm einen Schluck aus der Flasche Obstler, die ihr der Staatssekretär reichte.
„Ausländische Staatsmänner dürfen als dumm, blödsinnig oder der widerlichen Handlungen bezichtigt werden. Das gebietet uns schon die Freiheit der Kunst.“
Ihre Stimme wurde drohend.
„Wenn aber noch einmal hier in dieser unserer Stadt über meine Familie oder mein Geschlecht gelästert wird, dann werde ich zu harten Maßnahmen greifen. Ich darf darauf hinweisen, dass der Pranger in Markscheid nur abgebaut, aber nicht entsorgt ist.“
Nach einem tiefen Zug aus der Pulle hob Frau Crohn-Corque drohend den Finger: „Vergessen sie nie: L’ironie c’est moi!“

Manchmal ist es schon hilfreich, sich einfach nur zwei Heftpflaster über den Mund zu kleben

Noch Fragen?

Die Literaturkritikerin der MamM: „Wes Geschlechts sind Ihre Verwandten, über die man sich nicht in negativer Konnotation äussern dürfen wird? Könnten Sie eine Liste zur Verfügung stellen, welche semantischen Circumferenzen vermieden werden sollten? Damit wir nicht plötzlich Opfer einer politischen Imponderabilie werden. „

Frau C-C. : “ Ein entschiedenes Ja zu dieser guten Frage!“

Der Sekretär des Zentralrates der vereinigten Stammtischler: „Ist Biertrinken und Fluchen für Frauen weiterhin erlaubt? Wir fordern, dass das bald wieder verboten wird!“

Frau C.C.: „Nächste Frage!“ (Nach hinten zum Sekretär gewandt leise flüsternd: „Dieser reaktionären Arschgeige sofort die Journalistenlizenz entziehen! Wir sind schliesslich liberal.“)

Der Reporter des Markscheider Wochenrückblicks: „Dürfen wir weiterhin auch über künftige, noch nicht stattgefundene Ereignisse berichten?“

Frau C-C.: „Diese Frage werde ich meinen Beratern zur Beratung vorlegen.“

Alicia Pigmento vom Frauenforum gegen Sex: „Wird die sexualisierte Erwähnung von männlichem Sex künftig entsprechend geahndet werden?“

Frau C.-C.: „Sprechen Sie dieses Wort nie mehr aus und verlassen Sie den Saal!“

Da Frau Crohn-Corque sehr in Eile war, musste die Veranstaltung hier beendet werden. Weitere Fragen aus dem Publikum konnten nicht gestellt werden, sodass der Vertreter der Prager Beerdigungsbruderschaft und die Sekretärin des Weltverbandes der Klimabedenkenträgerinnen leider ihre Fragen nicht mehr stellen konnten.

Die Sitzung wurde nun geschlossen, das Magazin ebenso. Zu aller Erleichterung fand eine Debatte nicht mehr statt. Insgesamt kann das Ganze aber als gelungener Abend in der Stadtchronik verzeichnet werden.