Weiterlesen…" /> Weiterlesen…" /> ?>

Knöllenbecks fünfter Fall

Veröffentlicht von frcx am

Diesmal hat es Kriminalkommissar Knöllenbeck mit dem mysteriösen Verschwinden von jungen Damen zu tun. Alles begann damit, dass Knöllenbecks Schwester sich das Bein gebrochen und ihn beauftragt hatte, ihre Tochter Marie von einem Kindergeburtstag abzuholen. Knöllenbeck mochte seine Nichte, und so fuhr er zu der Adresse, die ihm seine Schwester am Telefon durchgegeben hatte. Dummerweise war ihm beim Notieren ein Zahlendreher unterlaufen. Und so kam es, dass Knöllenbeck nicht vor dem Haus Bumshagener Allee 96 hielt, sondern vor der Villa in der Bumshagener Allee 69.

Knöllenbeck bewunderte gerade die kunstvoll geschwungene Laterne in Form eines roten Herzens, die über der schweren Eingangstür hing, als eine ältere, hochgewachsene Dame öffnete und ihn herein ließ. Wahrscheinlich die Mutter, dachte Knöllenbeck und er beneidete sie nicht, diesen Kindergeburtstag organisieren zu müssen. Er betrat eine hohe Eingangshalle, die in viktorianischen Stil dekoriert war. Ein riesiger Kronleuchter hing an der stuckverzierten Decke. Knöllenbeck sah zwar keine spielende Kinder, bemerkte aber zahlreiche junge Damen, nur mit leichten Negligées bekleidet, die um Ledersessel herum standen, auf ihnen saßen, teilweise lagen sie sogar darauf. Der schwere Duft süßlichen Parfüms hing in der Luft. Eine der jungen Frauen lächelte Knöllenbeck schelmisch an. Sie war auffallend schlank, hatte lange rötliche Haare und konnte kaum älter als achtzehn Jahre sein. Ihr enges Bustier gab den Blick auf ein überaus großzügig geschnittenes Dekolleté frei. Sie kam auf Knöllenbeck zu, stellte sich als Florence-Chérie vor und leckte sich lasziv über ihre sinnlichen Lippen. Dann hauchte sie ihm zart ins Ohr: “Was wollen wir trinken? Ich habe unbändige Lust auf Champagner. Kaufst Du uns eine Flasche Champagner, mein großer Tiger?”

Unverzichtbar für jede saubere Ermittlung: Großes, rotes Sofa

Knöllenbeck wollte sie gerade fragen, wo er denn seine Nichte Marie finden könnte, als er seinen Amtsleiter, Kriminalrat Möller, erblickte. Sein Chef schlenderte gerade durch eine der seitlichen Flügeltüren in die Halle und sah sich in Ruhe um. Knöllenbeck winkte heftig und begrüßte seinen Chef lautstark: “HALLOO! HERR MÖÖÖLLER!” Florence-Chérie starrte ihn entgeistert an. Sein Chef schien ihn nicht gehört zu haben, denn er schwang noch auf dem Absatz um und verließ die Halle überstürzt durch eben jene Tür, durch die er gerade erst gekommen war. Die Mutter stand plötzlich neben Knöllenbeck. Er war sehr verwundert, als sie ihn mit einem übertriebenen französischen Akzent anzischte:

Aber Monsieur! Discrétion! Unser Établissement lebt von Discrétion! …und natürlich von der Großzügigkeit der Messieurs, die uns besuchen.”

Knöllenbeck antworte jovial: “Keine Sorge! Ich bin von der Kriminalpolizei Markscheid. Das war mein Chef, da eben.”

Sie sind… von der Police?, fragte die Mutter ungläubig zurück, und Knöllenbeck war für einen kurzen Moment so, als ob Ihr Gesicht blass würde. Doch schon im nächsten Augenblick antwortete sie sehr gefasst:Ah… bitte entschuldigen Sie ein kurz Moment, Monsieur.”

Während die Mutter zu den jungen Frauen hinüber ging und ihnen etwas ins Ohr flüsterte, machte sich Knöllenbeck auf die Suche nach Marie. Er ging durch alle Räume, öffnete alle Türen, konnte sie aber nirgends finden. Knöllenbeck stellte verwundert fest, dass die übrigen Räume ausnahmslos Schlafzimmer waren. Oft waren sie sehr verspielt eingerichtet, Knöllenbeck entdeckte viel rosa Plüsch auf einladend großen Betten. Er fragte sich, warum man an einigen Zimmerdecken Spiegel angebracht hatte. Doch war hier auf jeden Fall ein Kindergeburtstag im Gange: Überall lagen noch nicht aufgeblasene bunte Luftballons herum, einige sogar mit Noppen. Als Knöllenbeck wieder in die Eingangshalle zurückkehrte, war er sehr erstaunt, sie völlig verlassen vorzufinden. Die jungen Frauen, Florence-Chérie und auch die Mutter, alle waren verschwunden. Knöllenbeck witterte ein dicken Fall. Und begann sogleich zu ermitteln. Gleich am nächsten Morgen wurde er im Vorzimmer von Kriminalrat Möller vorstellig, um den einzigen ihm namentlich bekannten Zeugen zu befragen.

“Der Herr Kriminalrat lässt ausrichten, dass er leider den ganzen Tag in wichtigen Konferenzen ist”, beschied ihn die Sekretärin. Sie richtete es ihm auch am nächsten Tag aus. Ebenso einen Tag später. Und auch am folgenden. Nach einer Woche vergeblicher Versuche, einen Termin bei seinem Chef zu bekommen, wurde Knöllenbeck zur Überraschung aller Kollegen auf eine längere Dienstreise geschickt. Er nahm sich vor, gleich nach seiner Rückkehr die Ermittlungen wieder aufzunehmen. Und auch die hysterischen Anrufe seiner Schwester auf der Mailbox zu beantworten.

Kategorien: Alltag