Markscheids iTube
Vor fast einem Jahr wurde Markscheids größtes Infrastrukturprojekt dieses Jahrtausends eingeweiht. Seither verbindet das „iTube – System“ insgesamt 87 Außenstellen der Stadt Markscheid sowie weitere öffentliche Einrichtungen wie Feuerwehr, Polizei, Schulen, die Universität, unser Krankenhaus, das Lokalradio und die MamM. Im regionalen Umfeld wurde iTube seinerzeit mit riesigem Interesse aufgenommen, weil hier in vorbildlicher Weise die tradierten Ingenieurtechniken aus dem Bergbau (Stollen, Rohre, Pneumatik, Beförderung) für ein hochmodernes Industrieprodukt des 21. Jahrhunderts Verwendung fanden. Strukturwandel „at it´s best“.
Grund genug für die Reporter der MamM, ein Jahr danach einmal mit Verantwortlichen und Nutzern der hochmodernen Teleportationsanlage über ihre Erfahrungen zu sprechen. Zum MamM-Gespräch trafen sich Christoph Steiger (Leiter Technische Betriebe Markscheid), Samir Sen Gupta (Projektleiter), Constanze Heerwagen (Personalhauptamt der Stadt) und Michelle Schlösser (Rechnungsprüfung).
MamM: iTube ist in aller Munde. Wie kam es eigentlich zu dem Namen?
CS: Wir habe damals ein Preisausschreiben unter allen Mitarbeitern durchgeführt und dabei eine Menge sehr guter Vorschläge erhalten: Metube, Youtube, „Heißes Rohr“, „Flinke Dose“. Die Jury entschied sich dann für iTube, vermutlich, weil in früheren Zeiten ja jede Bergmannsfamilie ein paar Hühner im Garten hatte.
MamM: Haben sich denn die hohen Erwartungen an die Anlage erfüllt?
SSG: Unbedingt. Wir hatten ja vorher mit E-Mails, klassischer Post und Kurierfahrten drei völlig unabhängige Systeme nebeneinander. Jetzt ist alles vernetzt und die Transportzeiten sind sehr kurz, gerade auch für kleine Gegenstände. Man spürt in der Stadt regelrecht den Verkehrsrückgang bei Lieferfahrzeugen und Fahrradkurieren. Bei einfachen Informationen, die früher per E-Mail gelaufen sind, haben wir einen immensen Zuwachs an Sicherheit. Für Hacker ist das System absolut unzugänglich. Auch ein Stromausfall kann uns kaum etwas anhaben.
MamM: Und wie hat iTube den Arbeitsalltag der Mitarbeiter beeinflusst?
MS: Ich möchte es nicht mehr missen! Wir sind uns sozusagen alle wieder näher gekommen. Früher das nervende *Ping* einer eingehenden E-Mail und viele Kollegen wollten eine Empfangsbestätigung, das hat mich besonders gestört. Heute rufen die Kollegen meist vorher an „Hömma, Schätzelein, ich schick dich gleich ma ne Dose“. Und statt der Empfangsbestätigung erhalten sie ja die leere Dose retour. Man kann auch mal einer Kollegin in einer Außenstelle ein Butterbrot, einen Joghurt oder ein paar Hustenbonbons schicken.
MamM: Gab es denn schon besondere Ereignisse, bei denen iTube eine Rolle gespielt hat?
CH: Ein sehr tragisches. Ein Kollege aus dem Sportamt bekam von jetzt auf gleich am Arbeitsplatz eine Männergrippe. Da war natürlich nichts mehr zu machen. Einen Priester haben wir schnell auftreiben können, aber der hatte nichts für die letzte Ölung dabei. Da konnten wir ihm aus der Kantine des Rathauses was zuschicken, zwar nur einfaches Rapsöl, kein kaltgepresstes Olivenöl, aber der Zweck heiligt ja die Mittel.
2 Scherzkekse aus dem Kollegenkreis haben mal einen Hamster mit iTube vom Betriebshof zum Finanzamt und zurück geschickt. Das Tierchen hat die wilde Fahrt unbeschadet überstanden, aber nach Ankunft am Ziel dem Besitzer in den Finger gebissen. Die Berufsgenossenschaft hat das nicht als Arbeitsunfall anerkannt.
MamM: Wie sind denn die weiteren Pläne für iTube? Soll die Nutzung ausgeweitet werden?
CS: Ja, auf jeden Fall. Es ist wie mit jeder wirklich großen Innovation: das Produkt schafft sich selbst seine Anwendungen. Wir können das noch gar nicht überblicken, „Vor der Hacke ist es duster“, wie man in Markscheid sagt.
Aktuell steht ein Projekt mit dem Friedhofsamt kurz vor der Einführung; dort wird gerade das Format der Urnen an die Dimensionen der iTube-Dosen angepasst, Mitarbeiter der öffentlichen Verwaltung können sich dann die Asche ihrer Verstorbenen Familienmitglieder direkt an den Arbeitsplatz schicken lassen.
SSG: Ein anderes Projekt steht noch ganz am Anfang. Ein ortsansässiger Pizzahersteller entwickelt gerade Teigfladen, die an den Durchmesser der Dosen adaptiert sind. Aber da sind noch viele offene Fragen: Datenschutz, Verpackung, Hygiene. Im Moment läuft eine klinische Studie, ob die Teigfladen im heißen Zustand überhaupt für den menschlichen Verzehr geeignet sind, das hat ja noch nie jemand versucht.
MS: Ganz toll ist jedenfalls die Reaktion bei den Bürgern. Ich höre in letzter Zeit immer häufiger den Begriff „Teletubbies“ für städtische Mitarbeiter, wegen der Teleportation und den Röhren und so. So viel Respekt und Wertschätzung ist uns früher nicht entgegengebracht worden.
MamM: Ihnen allen herzlichen Dank für das Gespräch und Glückauf.