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Das mysteriöse Verschwinden des Ralph Dampfrad

Veröffentlicht von Ambros Braesius am

Es war 10 Uhr morgens, Knöllenbeck sass hoch motiviert hinter seinem Schreibtisch und sann über das Rätsel nach, warum ein Kriminalkommissar die Opfer oft erst kennenlernt, wenn sie schon tot sind. Koukol, der tragisch verstorbene Kriminalassistent mit Sympathien für Heidegger hätte sicher eine Antwort gewusst.

Das Erscheinen einer Dame in mittleren Jahren, die bei Knöllenbeck vor dem Schreibtisch stand, schreckte ihn auf. Sie wirkte gepflegt und gut situiert, allerdings etwas nervös und angespannt; sie schwankte leicht und stützte sich an der Schreibtischkante ab. „Mein Name ist Laetitia Dampfrad und mein Mann ist verschwunden.“
„Zuerst wollen wir mal die Personalien aufnehmen und dann erzählen Sie mir, worum es geht und sind Sie betrunken?.“

„Nein, ich fühle mich nur etwas schwindlig, vermutlich der Stress?“
„Setzen Sie sich!“ Knöllenbeck, etwas genervt, zog die Tastatur heran. Und wollte anfangen zu tippen, aber das System zeigte sich unzugänglich. „Verdammt, wo habe ich nur wieder mein Passwort verlegt?“ dachte er und nickte der Dame beruhigend zu, in der Schublade zu kramend…. „Moment ich habs gleich…. Nein hier auch nicht,,, hier? Nein….“
Er erhob die Stimme und brüllte durch die geöffnete Tür: „Frau Fitze, was war schon wieder mein Passwort?“
Die Antwort der Sekretärin, pardon, der Sekretierenden kam umgehend: „Cwmrhydycwrw2022“.
„Ah, ja stimmt. (Knöllenbeck hatte sich an seinem letzten Urlaub in Wales zu einem neuen, völlig sicheren Passwort inspirieren lassen. Und was ist sicherer als die walisische Übersetzung für ‘das Tal an der Furt des Bieres’? Da würde keiner draufkommen!) Er tippte sein Passwort ein, mehrmals, wie immer, bis es klappte und der Bildschirm zum Leben erwachte. In der Zwischenzeit hatte die Dame Platz genommen, sich mehrmals die Nase geschneuzt, zweimal auf die Uhr geschaut und alle 3 Minuten geseufzt.
„Also, wo waren wir?“ fragte Knöllenbeck schliesslich, bemüht freundlich.
„Wie ich schon sagte, es geht um meinen Mann, den Ralph!“
„Wie heisst Ihr Mann?“
„ Dampfrad, natürlich, Ralph Dampfrad“ Der Kommissar notierte.
„Und seit wann ist er verschwunden?“
„Seit 75 Minuten!“ Knöllenbeck wollte gerade beschwichtigen, weil ihm 5 Viertelstunden noch nicht so bedenklich vorkamen, er war schon öfter nach einem Kneipenbesuch sich selber abhanden gekommen und erst nach Stunden wieder da gewesen… aber die Dame erzählte schon weiter:
„Wir sassen zusammen am Frühstück, er erzählte mir von einem Traum, etwas mit Panzern und Artillerie dann sprang er auf, sagte, er müsse rasch zur Toilette. Dann hörte ich die Spülung rauschen, aber er kam nicht mehr raus. Ich hatte die Klotüre die ganze Zeit im Blickfeld. Und als ich nachsehen ging, war er nicht mehr da.“ Die Tränen stiegen ihr wieder in die Augen.

Möglicherweise ist dies alles, was von Ralph Dampfrad übrig blieb. Der Übertritt in einen anderen Aggregatszustand wird oft zu wenig bedacht

„Und das Fenster war offen?“ fragte Knöllenbeck listig.

„Wir haben da kein Fenster, nur eine 15x15cm grosse Entlüftung mit Ventilator.“
„Ah ja!“ Knöllenbeck war etwas ratlos. „Wie ist denn das möglich?“
„Deswegen bin ich ja hier, Sie sind doch der Spezialist für verschwundene Personen!“
„Und hatte es Blut oder andere Anzeichen für unübliche Vorgänge in Ihrem Klo? Roch es nach Ozon? Hat das Licht geflackert? Hörten Sie summende, zischende oder saugende Geräusche?“ Knöllenbeck kannte sich aus, er hatte alle X-Files gesehen.
„Nein nichts! D.h. es roch nach metabolisiertem Chili con carne mit viel Knoblauch, also nichts Verdächtiges“
Beim Wort „metabolisiert“ horchte Knöllenbeck auf, was für ein eleganter Begriff für Fäkalemissionen!
„Also beschreiben Sie Ihren Ehemann, wir werden eine Suchmeldung rausgeben, dann wird er schon wieder auftauchen.“
„Das beruhigt mich jetzt aber gar nicht! Er ist ein 40-jähriger Mann, mesomorph und ludibund.“
Knöllenbeck war entzückt, beinahe wäre er ihr um den Hals gefallen, die Frau Dampfrad kannte sich offenbar auch aus im Fremdwörterbereich, eine verwandte Seele!
Er schrieb auf: „mesomorph, ludibund“ und machte drei Ausrufezeichen dahinter.
„Und weiter? Andere besondere Merkmale? Viele sind heute ludibund und verdienen als Fussballer gutes Geld damit!“
„Nein, mein Mann ist ein typischer Normopath, aber sonst völlig gesund.“
„Nun denn“ Knöllenbeck war von der Dame sehr angetan, verfasste eine Suchmeldung, beruhigte Frau Dampfrad so gut es ging und versprach, sich um die Sache zu kümmern.
In der Aktennotiz schrieb er „Annihilation, Vaporisation, Teleportation, Autolyse?“ und insgeheim war er nicht sehr zuversichtlich.

Ob und wann dieses Rätsel gelöst werden kann? Wir erfahren es vielleicht in einem nächsten Bericht. Vielleicht auch nicht. Anm. der Red.