Tod einer Mietklinge / Teil 2
Florian stand an der Schwelle zu unsterblichem Ruhm. Im Auftrag des Bischofs von Markscheid hatte er mit Hilfe eines Fährtenlesers die Spur des berüchtigten fleckigen Rigobert aufgenommen und befand sich jetzt zusammen mit seinem Begleiter am Rande einer Lichtung im Fickwalder Forst.
Vor ihnen sah man in einiger Entfernung eine Hütte und es war klar, das der Kampf mit dem gesuchten Verbrecher unmittelbar bevorstand.
Florian schwang sich aus dem Sattel und versuchte, sich auf die vor ihm liegende Aufgabe zu konzentrieren. Sein Schwert war in tadellosem Zustand, die Klinge spiegelblank, er selbst zwar erschöpft vom langen Ritt, aber topfit und voller Tatendrang. In den Liedern, die man schon bald von ihm und seinen Heldentaten singen würde, könnte dies sicher eine besonders schöne Stelle werden: Der wackere Streiter steigt im hellen Licht von seinem treuen Ross, stellt sich dem Feind und …
In diesem Augenblick traf Florian der kraftvolle Dolchstoß seines stillen Begleiters genau zwischen die Schulterblätter. Er sank langsam auf die Knie und wurde dann von einem harten Stiefeltritt mitten ins Gesicht endgültig ins Reich der Träume geschickt, dem nur wenig später eben jener ewige Schlaf folgen sollte, den er eigentlich dem fleckigen Rigobert zugedacht hatte. Sein letzter, verwirrter Gedanke galt den schönen Liedern von seinen edlen Taten, die jetzt niemand mehr schreiben würde, was irgendwie schade war. Irgendwie.
Der fleckige Rigobert trat dem so unglücklich verschiedenen Florian ein weiteres Mal ins Antlitz und fluchte laut und vulgär. Er wollte das Gesicht des Toten bis zur Unkenntlichkeit zertrümmern, was sich als gar nicht so einfach herausstellte. Aber er hatte ja noch etwas Zeit und setzte ganz auf den schweren Hammer, den aus seiner Hütte zu holen er sich umgehend anschickte.
Als eine Stunde später Rigoberts alter Freund Basbert an der Hütte ankam, staunte der nicht schlecht. Die Mietklinge trug die tadellose Kleidung des verstorbenen Florian und hatte diesem seine eigenen völlig verdreckten und zerfetzten Klamotten angezogen. Das Gesicht des Toten war nur noch eine blutige Masse und dessen eigene Mutter hätte ihn nicht wiedererkannt.
Basbert würde sich mit dem Toten auf den Weg zum Bischof machen und dort die Belohnung für den „toten“ Rigobert einfordern. Der wiederum konnte sein Leben jetzt ohne Häscher auf den Fersen fortsetzen und dazu noch die Hälfte der Belohnung für den eigenen Tod von Basbert einfordern.
Es hatte sich also gelohnt, dem Idioten aus Markscheid einen vollen Tag lang als „Fährtenleser“ zu Diensten zu sein. Und es war ja auch nicht besonders schwer gewesen, den Weg zur eigenen Hütte zu finden.
Vor dem fleckigen Rigobert lag also nun ein Leben als Toter und er freute sich darauf.
Eines Tages würde er Wiederauferstehung feiern, aber das war eine andere Geschichte.