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Paukenschlag im politischen Berlin: Alle Menschen sollen arbeiten – aber wirklich!

Veröffentlicht von Hans Wurst am

Berlin (dpoi) – Nach dem jüngsten Vorschlag des DIW-Chefs, Rentner zu einem sozialen Dienstjahr zu verpflichten, hat die Politik Blut geleckt. Nun gehen die Forderungen weiter: Alle Einwohner der Bundesrepublik – von langzeitarbeitslosen Söhnen langzeitarbeitsloser Väter bis hin zu frisch angekommenen Flüchtlingen – sollen in Zukunft arbeiten. Und zwar mit demselben Fleiß, derselben Hingabe und demselben unermüdlichen Einsatz, wie ihn die deutschen Politiker seit Jahrzehnten vorleben.

Das sorgt für Aufregung: „Wir wollen endlich, dass alle Bürger spüren, wie anstrengend es ist, drei Tage in der Woche nach Berlin zu pendeln, um dann in endlosen Sitzungen angestrengt auf dem Smartphone Candy Crush zu spielen“, so ein Abgeordneter, der anonym bleiben möchte.

Die Vision ist klar: Niemand soll sich mehr hinter Ausreden verstecken. Wer bisher dachte, man könne nach 40 Jahren im Job, mit Rückenproblemen und Enkelkindern seinen Lebensabend genießen, wird nun eines Besseren belehrt. „Schließlich ist es ungerecht, wenn nur Politiker bis ins hohe Alter hinein den selbstlosen Dienst an der Gesellschaft leisten und dafür mit mageren Diäten von nur 10.000 Euro monatlich abgespeist werden“, heißt es in einer gemeinsamen Erklärung von CDU, SPD und FDP.

Ältere Menschen berichten euphorisch in den Medien, wie sie darauf hoffen, länger arbeiten zu dürfen

Die Betroffenen reagieren empört. In einer Wohngemeinschaft für „Zukunftspioniere ohne Berufsabschluss“ hieß es: „Unverschämtheit! Unsere Familie lebt seit Opa Jochen vom Amt, das ist Teil unserer kulturellen Identität. Wenn wir jetzt anfangen zu arbeiten, was bleibt dann von unserer Tradition?“

In manchen Vierteln herrscht blanke Panik: Woher sollen plötzlich Motivation, Pünktlichkeit und Wecker herkommen? Erste NGO-Sprecher warnen: „Wenn die Leute arbeiten müssen, bricht eine jahrzehntelang gewachsene Tradition der gepflegten Beschäftigungslosigkeit zusammen.“

Die Opposition zeigt sich skeptisch. „Wenn alle Bürger genauso arbeiten wie die Politiker, dann droht der völlige Stillstand im Land“, warnt das BSW.

Die Wirtschaft reagiert vorsichtig optimistisch. Arbeitgeber hoffen, dass wenigstens ein kleiner Teil der neuen „Pflichtarbeiter“ es schafft, rechtzeitig und nüchtern zu erscheinen. Endlich könnten offene Stellen in Gastronomie, Handwerk und Pflege besetzt werden – wenn, ja wenn es gelingt, die neuen „Arbeiter“ mit den revolutionären Konzepten „Pünktlichkeit“ und „Montagmorgen“ vertraut zu machen.

Deutschland steht damit vor einer historischen Zeitenwende: Wird die jahrzehntelang gepflegte Kultur des Durchgefüttertwerdens bald von der Steinzeit-Idee des Arbeitens verdrängt?

Ob das Volk diesen Paradigmenwechsel verkraftet, bleibt fraglich. Sicher ist nur: Der Sofa-Sektor bangt und zittert.

Kategorien: Arbeitswelt