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Knöllenbeck macht Urlaub

Veröffentlicht von Ambros Braesius am

Nachdem der Sommer heiss, trocken und überaus schön gewesen war (sogar die Kriminellen in Markscheid schienen vorwiegend Siesta gemacht zu haben), hatte Kriminalkommissar Knöllenbeck wenig zu tun. Markscheid erodierte wie immer und bröckelte in der Sommerhitze vor sich hin. Die wenigen Bäume waren staubig, die gesprungenen Platten des Gehsteigs vor dem Revier vielleicht noch etwas mehr gesprungen. Alles wie immer, ausser dem schönen Wetter.

Knöllenbeck beschloss, einen Bildungsurlaub zu machen. Er buchte ein Interpolseminar mit den Schwerpunkten: „Internationale Kinderarbeit, Frauenausbeutung und Blutrache.“ Die Tagung fand in Marmaris, dem alten und romantischen Piratennest an der türkischen Südküste statt. Alle freuten sich. Das Revier freute sich, dass Knöllenbeck Urlaub machte und Knöllenbeck freute sich auf die türkische Gastfreundschaft. Da er kein Türkisch verstand und ihn die Inhalte der Fortbildung wenig interessierten, hoffte er, das Nützliche mit dem Angenehmen verbinden zu können und eine ruhige Kugel zu schieben, wie es ja grundsätzlich seinem besonnenen Naturell entspricht.

Schon am ersten Tag fand er drei skandinavische Kollegen, ausgewiesene Kriminalisten wie er, einen Finnen und zwei Dänen, die mit denselben Intentionen dieses hochkarätige Seminar gebucht hatten und man beschloss, am Abend gemeinsam einen drauf zu machen.

Zuerst besuchten sie die Bar des Hotels ‚Grand Yazıcı Turban‘ an der westlichen Seite der Bucht, wo eine Gedenktafel an den schrecklichen Bombenanschlag auf den Präsidenten Erdogan erinnerte, der am 15.Juli 2016 frühmorgens hätte gesprengt werden sollen und bei dem die Bombe irgendwie mit viel Getöse und Scherben, aber ohne Blutvergiessen im Leeren verpufft war, weil der Präsident kurz vorher die Lokalität verlassen hatte. Wie wenn er das kommende Unheil geahnt hätte. Der schlaue Fuchs! Die vier Kriminalisten waren beeindruckt, was entsprechend begossen werden musste.

Schon recht angeheitert wankten sie in die Altstadt, wo sie nochmals kräftig dem Raki zusprachen und dann unter Absingen von wüsten Wikingerliedern in Richtung Hafen torkelten (Knöllenbeck grölte mit, textlich wikingerisch improvisierend). Als sie an einem bewachten Parkplatz vorbei kamen, kotzte einer der Dänen dem Parkwächter vor das Wachhäuschen. Der Parkwächter tobte in seinem Kabäuschen, blieb aber angesichts der besoffenen Übermacht draussen im geschützten Rahmen drinnen und telefonierte mit der Polizei. „Mir sin doch de Bolissei“ lallte Knöllenbeck, wurde aber offenbar nicht verstanden.

Also machten sich die Vier aus dem Staub, so gut es halt ging und versuchten, sich in der Altstadt zu verkrümeln. Hier wäre die Geschichte zu Ende, wenn nicht Knöllenbecks Blase ihr Recht eingefordert hätte. Wer viel trinkt hat eine volle Blase.

Zum Glück befanden sie sich am Eingang eines geräumigen Innenhofs zu einem grossen Gebäude, das auf dem Dach einen Halbmond gen Himmel reckte. Der ganze Innenhof wies rundum eine praktische, seltsamerweise etwas hoch liegende, aber auch geräumige Pissrinne auf. Alle 2m ein Wasserhahn mit hübsch verziertem Messinggriff. Hier erleichterten sich die vier und strullerten andächtig in die Pissrinne. Das Natürlichste der Welt. Knöllenbeck dachte noch, wie schön der Sternenhimmel hier zur Geltung käme und mit wieviel Sorgfalt die türkischen Architekten diese praktische öffentliche Toilette gestaltet hatten, war gerade am Abschütteln, als er von groben Fäusten gepackt und mit energisch vorgetragenen Knüppelhieben geprügelt wurde.

Die Vier wurden auf das nächste Polizeirevier gebracht, wo man sie zusammen mit gewöhnlichen Pennern in eine Ausnüchterungszelle steckte und am nächsten Tag in Untersuchungshaft verfrachtete. Nach drei Monaten kam es zur Verhandlung. Den vier Kriminalisten wurde Schändung des Innenhofs einer Moschee, insbesondere der Zweckentfremdung einer Installation für zeremonielle Waschung, Entblössen von Geschlechtsteilen im Hof einer Moschee, Trunkenheit in der Öffentlichkeit, Sachbeschädigung und Widerstand gegen die Staatsgewalt vorgeworfen. Die zwei dänischen Kriminalbeamten und der Finne bekamen 2 Jahre Haft und der Deutsche 2 Monate, da der Richter Knöllenbecks Herkunft als mildernden Umstand gelten liess. Vielleicht lag es auch an der grosszügigen Spende, die Frau Crohn-Corque dem Richter zukommen liess. Wer weiss das schon so genau?