Abstimmung über die Emschervertiefung
Heute kam es im markscheider Stadtrat zu erbitterten Debatten über die von der ‚Hafenbetriebsgesellschaft Markscheid GmbH‘ vorgeschlagene Vertiefung der Emscher von 0,75 Metern auf 25 Meter Wassertiefe, die unseren Hafen dann auch endlich für die seegängigen Containerschiffe der neuesten Generation und moderne Kreuzfahrtschiffe erreichbar machen soll. In einer aufrüttelnden Rede stellte Ludwig Merzenbauer, der Fraktionsvorsitzende der CDM und geschäftsführende Direktor der Hafenbetriebsgesellschaft, die erheblichen Vorteile heraus, die diese Vertiefung für die Stadt brächte. Nicht nur Handel und Industrie würden dadurch einen ungeheuren Aufschwung erleben und tausende neuer Arbeitsplätze geschaffen werden, die Erweiterung des Hafengeländes auf das Gebiet des Fickwalder Sumpfes würde auch die dort herrschende Malariagefahr durch die kürzlich geimpften Tigermücken beseitigen. Aus seiner Sicht sei das Projekt für Freiheit und Wohlstand der besserverdienenden markscheider Bürger unverzichtbar.
Dem gegenüber äußerte sich der SPM-Vorsitzende Olaf Müntebeil zurückhaltend zu den Plänen. Wie er der MamM sagte, müsse das Für und Wider dieses Vorhabens erst einmal sorgfältig erwogen werden und übereilte Lösungen übers Knie zu brechen sei für niemanden zielführend. Seine Fraktion plädiere deshalb auf die Erstellung einer mehrjährigen Machbarkeitsstudie durch international renommierte Fachkräfte. Er gab außerdem zu bedenken, daß durch eine Vertiefung der Emscher die Schiffsführer der derzeit eingesetzten venezianischen Frachtgondeln alle arbeitslos werden würden und eine sozialverträgliche Emschervertiefung deshalb für seine Partei absoluten Vorrang habe.
Die Sprecherin des Grünlich-Ökologischen Bündnisses gab zu bedenken, daß jeder Eingriff in den Wasserhaushalt der Emscher und das Ökosystem des Fickwalder Sumpfes unabsehbare Folgen für die empfindlichen Biotope und die darin vorkommenden endemischen Arten hätte. Die Vertiefung würde für vom Aussterben bedrohte Arten wie die Sumpfstinkkröte und die Markscheider Tigermücke mit Sicherheit das Ende bedeuten, ihre Partei müsse darum die Ausbaupläne mit dem größten Bedauern ablehnen.
Ganz anders argumentierte hingegen der Sprecher der oppositionellen AfM, Bernd Höckenreich. Er stellte sich ganz entschieden gegen alle Pläne der Stadt, mit dem Bau einer Tiefwasserstraße dem Zuzug von Fremden nach Markscheid Tür und Tor zu öffnen. Ganz persönlich habe er ja nichts gegen Ausländer, fügte er hinzu, er lehne nur solche ab, die nicht von hier sind. Abschließend gab er zu bedenken, daß eine Vertiefung der Emscher die verfügbaren Geldmittel für das von seiner Partei vorgeschlagene Atomkraftwerk Markscheid auf Jahre hinaus zweckentfremdend binden würden.
Den Ausschlag gab am Ende der Debatte unsere Bürgermeisterin Beate Crohn-Corque vom regierenden Bündnis DEPP, der es mit ihrer charismatischen Art wieder einmal gelang, alle politischen Kräfte Markscheids (oder jedenfalls fast alle, die Abgeordneten der AfM hatten das Parlament vor ihrer Rede aus Protest verlassen) hinter sich zu vereinen. Sie gab zu bedenken, daß so ein tiefes Gewässer in der Nähe der Stadt eine nicht zu unterschätzende Gefahr für Kinder und Nichtschwimmer bedeuten würde. Andererseits sei nicht abzustreiten, daß die Anbindung Markscheids an das europäische Wasserstraßensystem von essenzieller Bedeutung für die Wirtschaft der Stadt sei, deshalb schlage sie eine Lösung vor, die allen (oder jedenfalls fast allen) Parteien entgegenkomme. Statt die Emscher wie vorgeschlagen zu vertiefen, sei es für die Zukunft der Stadt viel entscheidender, sie bis zum Mittelmeer zu verlängern. Mit dieser epochalen Entscheidung werde Markscheid an so bedeutende Wasserstraßen wie Suez-, Panama- und Nord-Ostsee-Kanal angeschlossen, die im internationalen Warenverkehr heute eine entscheidende Rolle spielen.
Für ihre weise Entscheidung wurde die Bürgermeisterin von den Mitgliedern aller (oder jedenfalls fast aller) Fraktionen mit stehenden Ovationen bedacht. Übereinstimmend lauteten die Kommentare dazu: „Wieder ein guter Kompromiss“.