Sängerstreit auf der Markburg
Es geschah im Jahre der Frau 1234 auf der Burg Tiefen-Markscheid direkt neben dem Fickwalder Forst. Aufgrund der fürstlichen Langeweile und weil ihr Gatte sich wieder in fremden Burgen herumtrieb, was er „Kreuzzüge“ nannte, da ihn inzwischen der Rücken plagte, dachte sich Ludmilla, die Ranzige, eine Wettstreit aus. Dem Gewinner winkte fürstlicher Lohn.
Alsbald versammelten sich die begnadigten Sänger des ganzen Markscheider Landes im Hofe von Tiefen-Markscheid. Fürstin Ludmilla die Ranzige sprach würdevoll: „So wenig nur? Egal. Ihr singt jetzt so richtig drauflos. Dem besten von euch winkt ein hochherrschaftlicher Preis.“
Nach längerem Getuschel meldete sich Gunter, der Heisere. „Um was kämpfen wir denn hier?“
„Dem Sieger winkt eine Nacht mit mir.“
Die Stille, die sich nun auf dem Hof ausbreitete, schmerzte direkt in den fürstlichen Ohren. In weiser Voraussicht hatte die Fürstin die Tore schließen lassen. Flucht war unmöglich.
„Mögen die Spiele beginnen.“
Als erstes begann Gunter der Heisere. Sein Gegröle schmerzte in den Ohren des Hofstaats, doch zu seinem Erstaunen klatschte Ludmilla geschlagene 10 Minuten lang.
Lemma, der Vertreter der Eisen- und Stahlfraktion, schrie sich beinahe die Kehle heiser, bevor der Lärm in einem metallischen Dröhnen endete. 15 Minuten Klatschen war der Dank. Selbst dem kühnen Recken wurde es übel zumute, sobald er an Ludmilla dachte. Seine Panik steigerte sich, als die beiden nächsten Kandidaten wegen Stimmbandproblemen absagten. Genauer gesagt schnitten sie sich lieber die Kehlen durch, als für Ludmilla zur Verfügung zu stehen.
Nun blieb nur noch Hagen der Düstere übrig. Mit erstaunlich hoher Stimme jodelte er, dass es eine Lust war. Schon wollte Ludmilla in Beifallsstürme ausbrechen, da wisperte ihre Kammerjungfer: „Pssst. Der ist ein Eunuch.“
„Das ist Betrug“, brüllte Ludmilla außer sich vor Wut. Hagen der Düstere wurde aufs Schafott geführt. Er blickte dabei froher drein als Lemma, der seiner Herrin in die Kemenate folgen musste.
Seit dieser Zeit wagte sich kein Musiker mehr in die Nähe des Dorfes Markscheid oder der berüchtigten Burg.