Ernsthaftigkeitsveröffentlichungsgesetz
Nachdem in den letzten Wochen immer wieder in den asozialen Medien satirische, ironietriefende Artikel veröffentlicht wurden, deren Sinn nicht direkt verstanden werden konnte, und sich gerade das unbedarfte Volk zu falschen Schlüssen verleiten ließ, musste der Gemeinderat zu einer Krisensitzung zusammentreten. Abstrakter Anlass dazu war eine satirische Darstellung der hochwohlgeborenen und verehrten Frau Bürgermeisterin Crohn-Corque. Dieser Artikel verglich das segensreiche Wirken unserer geliebten Stadtoberhäuptin mit Vorgängen in einer Diktatur. Und das nur, weil sie so lange eine Abstimmung im Gemeinderat wiederholen ließ, bis ihre eigene Meinung sich durchgesetzt hatte. Immerhin wurde ja noch abgestimmt, also war alles demokratisch.
Für Frau Crohn-Corque war nun die Maß voll und lief über. So schnappte sie sich die Spitzen der Parteien im Gemeinderat, so sich diese noch nicht in Schutzhaft befanden und lud zu einem Krisengipfel. Nach dem Ausrufen des Verteidigungs- und Katastrophenfalls waren nun die Männer und Frauen endlich davon überzeugt, dass schnelles Handeln erforderlich war, um Schaden vom Markscheider Volk fernzuhalten, wie es die Bürgermeisterin erklärte.
„Damit solche eine Insubordination und Unterwanderung nicht mehr vorkommt, müssen wir das Internet in Markscheid endlich auf Kurs bringen, so, wie uns das schon mit dem Markscheider Boten gelungen ist.“
Nachdenkliches Schweigen im Saal. Dann leuchten die Augen der Bürgermeisterin auf und lebhaft ermutigend fährt sie fort: „Durch meine Intervention mit dem Pflichtangebot einer Pizza 69 einer wohlbekannten Pizzeria für alle Stadtparlamentarier bringen wir heute das Ernsthaftigkeitsveröffentlichungsgesetz auf die Autobahn.“
Auf Nachfrage wurde die Bürgermeisterin redselig: „Es ist das erste Mal in Deutschland, dass wir diese neue Qualitätssicherung implementiert haben. Damit wird dem Volk und seinen Bedürfnissen Genüge getan. Nicht nur können die Gemeinderäte und auch die anderen Politiker sicher sein, dass jeder Satz wortwörtlich zu verstehen ist, nein, auch das Volk muss seinen Kopf nicht anstrengen. Dies führt zudem zu einem reduzierten Kalorienverbrauch und ist somit nachhaltig.“
Auf die Rückfrage, ob dies durch eine KI implementiert würde, schüttelte Frau Crohn-Corque das frisch ondulierte Haar. „Wo denken sie hin? Das machen schon die Textverräter, wie wir sie ironisch genannt haben. Um 5:45 wird zurückgelöscht!“ Diesen frohen Worten hatten die Abgeordneten nichts entgegenzusetzen. Alle stimmten zu.
Abschliessend lud Frau Crohn-Corque zu einem Apero im Lokal „Zur fröhlichen Zensur“.