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Knöllenbeck beobachtet. Fall #22

Veröffentlicht von Ambros Braesius am

Kriminalkommissar Knöllenbeck stand am Fenster seines  Büros und schaute auf die Strasse vor dem Revier. Er trug seinen verfilzten Lieblingspullover, den er mal vor einigen Jahren während einer monatelangen Undercoveroperation ohne Unterbrechung und seither immer wieder gerne getragen hatte. Er war da erfolgreich in die Rolle eines Penners geschlüpft. Es hatte ihm gut gefallen. 

Aber gerade langweilte er sich. Auch auf der Strasse war nichts los. Eine Radfahrerin strampelte gegen die leichte Steigung an, die zum Rathaus hinauf führte. Dabei pendelte sie mit ihrem Oberkörper im Schwung der Pedale hin und her, so dass sie aussah wie ein Metronom auf zwei Rädern. Knöllenbeck kicherte vor sich hin und dann fragte er sich, ob dieses ulkige Oberkörperpendeln nicht gegen die Strassenverkehrsordnung verstiess. Er wollte sich gerade wieder an seinen Schreibtisch setzen, um diese Frage zu recherchieren,  als es draussen schepperte, Reifen quietschten und dann: Ein Motor heulte auf, abermals quietschten Reifen – das Geräusch entfernte sich rasch. Der Kommissar blickte aus dem Fenster und da lag ein verbogenes Fahrrad. Die Radfahrerin sass daneben auf dem Gehsteig, hielt sich das Knie und fuchtelte mit der anderen Hand mit geballter Faust einem Auto hinterher, das weiter oben gerade mit hoher Geschwindigkeit aus dem Sichtfeld verschwand. Der Kommissar schüttelte den Kopf und dachte: „Also der Edi Bleifuss ist wieder mal recht zackig unterwegs …“

Er grinste. Endlich war etwas los. Er beobachtete mit Interesse, wie eine Ambulanz die Radfahrerin abholte, wie die Verkehrspolizei den Unfall aufnahm und die Spuren sicherte, bevor sie wieder wegfuhr. Endlich konnte Knöllenbeck sich wieder an seinen Schreibtisch setzen. Aber dann sah er mit Erleichterung, dass es bereits Zeit für die Mittagspause war. 

In der Kneipe „Zum vorletzten Glas“ traf er auf einen Kumpel von der Verkehrspolizei, der, als Knöllenbeck sich an seinen Tisch setzte, die Luft anhielt, sich etwas abwandte, mit etwa vierfacher Geschwindigkeit sein Essen runterschlang und dann ein zusammengefaltetes Taschentuch vor Mund und Nase hielt, als er mit Knöllenbeck das Gespräch aufnahm. 

So sah das Fahrrad von Frau L.-H.-W. nach dem schrecklichen Unfall aus. Man fragt sich natürlich, ob das je wieder in Ordnung kommen wird

„Was hast du?“ fragte Knöllenbeck arglos .

„Coroba, mab muss vorsichtig seib“ klang es dumpf unter dem Taschentuch hervor. Der Kommissar schüttelte den Kopf. “Was haben denn heute alle? Die Kollegen verhalten sich merkwürdig, irgendwie distanziert, rümpfen die Nase, der Edi Blitzer fährt wie eine gesengte Sau zum Rathaus hoch und Radfahrerinnen wackeln beim Pedaltreten mit dem Oberkörper hin und her.“

„Edi Blitzer? Wabb war er da?“ Knöllenbeck dachte nach. „So etwa um 10.00. Warum?“

„Bur so. Bir ermittelb in eibem All vob Körperverletzub mit Fahrerflucht.“

„Ah so.“ Knöllenbeck zischte sein erstes Mittagsbier runter und bestellte ein Zweites.

Der Kollege hatte es plötzlich eilig, „ab zu tun*, bezahlte und nickte Knöllenbeck zu, bevor er sich rasch vom Tisch entfernte und dabei sein Taschentuch wegsteckte und tief Luft holte.

Knöllenbeck ass etwas, er freute sich, dass ihn niemand belästigte, in seinem näheren Umkreis waren alle schon gegangen. Dann machte er sich wieder an die Arbeit, d.h. er schichtete Berichte um, von einem Stapel zum anderen, die Ordnung optimierend …

Am nächsten Morgen las er mit Erstaunen im ‚Markscheider Express‘ folgende Eilmeldung:

Der Stadtrat Edmund Blitzer (60), von seinen Freunden „Edi Bleifuss“ genannt, sei in einem Fall von Fahrerflucht vernommen worden und man hatte an seinem Auto verdächtige Spuren sichern können. Da er aber als Stadtrat eine unverzichtbare und integre Persönlichkeit sei, habe man ihn mit Verdacht wieder entlassen müssen. Die Bürgermeisterin habe sich für ihn verbürgt. Der Fall der umgefahrenen Radfahrerin, beim Opfer handelte es sich um die grüne Politikerin, Frau L.H.-W., (Linn Hopfer- Wadenreich) werde weiter untersucht und nach dem noch unbekannten Täter werde weiter gefahndet.

Knöllenbeck war zuversichtlich. Die Verkehrspolizei würde den Raser sicher erwischen und dann würde er der gerechten Strafe zugeführt werden. Irgendwann.