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Miss Marmoppel und der mordende Mietmönch

Veröffentlicht von frcx am

Ein gellender Schrei erschütterte die langem Gänge des Klosters. Mönche schreckten aus ihrem Schlaf hoch. In der Sakristei erstarrten die Anwesenden in ihren Bewegungen. Dann war es noch einmal zu hören: „Aaaaaaaaaaaaaaah!“ Ein schmerzvoller, langgezogener Schrei zog sich durch die kalten Klostermauern, während draussen eine Eule ängstlich in den Wald flüchtete und dichte Wolken den Vollmond gespenstisch verhüllten.

Bruder Ambrosius eilte mit schnellen Schritten über den Klosterhof. Bruder Resqarin war eben aufgeregt in sein Büro gestürmt und hatte ihm die Nachricht überbracht: Einer der ihren war bestialisch ermordet worden. Als Ambrosius am Klostergarten eintraf, bot sich ihm ein Bild des Schreckens. Eine grauenvoll zerstückelte Leiche lag im Lavendel-Feld, direkt an der Klostermauer. In seinen langen Jahren als Abt hatte Ambrosius schon viele Brüder sterben sehen, aber so etwas hatte er noch nie gesehen. „Bruder Pogisqin hat die Leiche gefunden. Er war gerade auf dem Weg zur Frühmesse“, erklärte ihm Bruder Astiscin, doch Ambrosius hörte gar nicht richtig zu. Wie gebannt musste er auf die fürchterlich zugerichtete Leiche starren.

Das Kloster Markscheid mit seinen weltberühmten Lavendel-Feldern

Ambrosius begann sich langsam aus der Schockstarre zu lösen. Er blickte in die angstgeweiteten Augen seiner Brüder. Dann begann er durchzuzählen. Und stockte. „Wo ist Bruder Risorus?“, fragte er. Die anderen Mönche schauten einander an. Und schauten sich um. „Wer?“ fragte Resquarin. Ambrosius holte tief Luft. „Na, dieser Mietmönch. Der versiffte Typ, den uns der Bischof auf’s Auge gedrückt hat. Der hier in unseren Lavendel-Feldern mit seinen Bienen Honig erzeugen sollte. Und ihn dann teuer an die Touristen verkaufen“, antwortete Ambrosius leicht gereizt. „Ach, der unter mysteriösen Umständen aus Markscheid fliehen musste?“, fragte Bruder Pogisqin. „Genau der“, antwortete Ambrosius, jetzt richtig wütend. Die Mönche schauten sich erneut um. Vom Mietmönch war nichts zu sehen.

Miss Marmoppel hatte von all diesen dramatischen Ereignissen keine Ahnung. Sie hatte sich vorgenommen, nach ihrem Ski-Urlaub noch eine Freundin zu besuchen, die am Genfersee lebte. In Brig, im traumhaft schönen Schweizer Kanton Wallis, wartete sie auf ihren Anschlusszug nach Vevey und schwelgte in Erinnerungen an Cortina d‘ Ampezzo und Luigi, ihren Skilehrer. Miss Marmoppel ahnte nicht, dass sie bald einen der spektakulärsten Kriminalfälle des 21. Jahrhunderts aufklären würde, als ihr Mobiltelefon klingelte. Es war Bruder Ambrosius aus Markscheid. Er war ganz aufgeregt, redete von einem Mord und dass die Mönche dringend ihre Hilfe benötigten, an die Polizei und diesen unfreundlichen Kommissar wolle man sich nicht wenden. Miss Marmoppel sagte umgehend zu. Sie rannte (so schnell das in ihrem Alter eben geht) zum Fahrkartenschalter.

Miss Marmoppel: Ich muss die Fahrkarte umtauschen! Ein Mord ist geschehen, ich muss dringend zum Kloster Markscheid!
Mann am Schalter: Ein Mord?
Miss Marmoppel: Das sagte ich eben. Kann ich die Fahrkarte nun umtauschen, oder nicht? Die Mönche brauchen mich! Der Abt des Klosters hat mich eben angerufen!
Mann am Schalter: Klosters? Ja, kann ich Ihnen umtauschen.
Miss Marmoppel: Gut. Und wie komme ich dahin?
Mann am Schalter: Perron drüü. Nächschter Zug nach Fischpp und dort umstiege!

Miss Marmoppel auf dem Weg nach Klosters

Miss Marmoppel schnappte sich die neue Fahrkarte und rannte zum angegebenen Zug nach Visp, der bereits abfahrbereit wartete. Kurz danach war sie unterwegs nach Klosters. Am Nachmittag traf sie am Bahnhof in Klosters ein und bemerkte sofort, dass ein fürchterlicher Fehler gemacht worden war. Dummerweise war zwischenzeitlich eine Lawine niedergegangen und hatte den Bahnverkehr nach Davos komplett unterbrochen. Miss Marmoppel konnte nicht mehr zurück. Sie sass in Klosters fest. Bruder Ambrosius würde vergeblich warten. Was auch immer der spektakuläre Kriminalfall war, den Miss Marmoppel aufklären würde, der Fall des mordenden Mietmönchs war es jedenfalls nicht.