Bundeswehr beruft letzte noch lebende Wehrmachtssoldaten ein, um „den Laden endlich auf Vordermann zu bringen“
Genug gefaulenzt! Die Bundeswehr hat in den letzten Tagen mehr als tausend Einberufungsbefehle an frühere Wehrmachtsangehörige versendet. Ihre Aufgabe: Sie sollen die Truppe mit ihrem gesammelten Wissen und ihren Erfahrungen endlich auf den Stand einer handlungsfähigen und vor allem schlagkräftigen Armee bringen.
Die MamM sprach mit einigen der alten und neuen Soldaten:
Werner Badyczek (96) lebt derzeit noch im Markscheider Pflegeheim „Zur vorletzten Heimat“. Am Freitag soll er sich bei seiner Einheit melden und ist schon ganz aufgeregt: „Wissen sie, bei den Kämpfen rund um Charkow lag ich zweimal mit meinem Panzer wochenlang so richtig in der Scheiße. War nicht schön. Aber hier in diesem ekligen Pflegeheim, da liege ich sogar schon seit fünf Jahren buchstäblich in der Scheiße und es ist meine eigene. Da kann ich mich doch wohl nur verbessern, oder?
Den Jungs von der Bundeswehr kann ich einiges über die Ost-Ukraine erzählen und Charkow kenne wie meine Westentasche. Sagen sie, junger Mann, gibt es eigentlich dort noch das nette kleine Cafe an der Stalin-Straße? Und was trödeln die Russen da eigentlich heutzutage rum, wir haben die Stadt gleich mehrfach erobert und die schaffen es nicht wenigstens einmal?“
Claudia Meurer (geborene Fischer) war während des Krieges Luftwaffenhelferin im oberschlesischen Oppeln. Sie brennt schon auf den ersten Tag in der Kaserne: „Klingt ja immer so toll, wenn man es erzählt … Drei-Generationen-Haus! In Wirklichkeit finde ich es daheim zum Kotzen, meine Schwiegertochter widert mich an und die drei Enkel sind allesamt zu blöd, um sich eine Scheibe Brot abzuschneiden. Da kann ich bisschen Abwechslung wirklich brauchen.
Bei der Luftwaffe habe ich damals gelernt, ordentlich zu grüßen, Papiere richtig abzuheften und einen Stempel so aufzubringen, daß man die Schrift auch lesen kann und der Adler gut rauskommt. Wie ich die Generationen der Enkel und Urenkel so kenne, wird es wohl Monate brauchen, den Bundeswehrsoldaten da auch nur die Grundkenntnisse zu vermitteln …“
Hans-Helmut Weberknecht (Jahrgang 1930) ist von der Einberufung als einziger Befragter nur mäßig begeistert: „Mich haben sie direkt vor Torschluß mit fünfzehn noch zur Wehrmacht gezogen und nach vier Wochen war für mich auch schon wieder Schluß. Aber wenigstens weiß ich noch, wie man eine Panzerfaust richtig rum hält, was für die Bundeswehr vielleicht ja doch einen gewissen Erkenntnisgewinn bietet. Außerdem war ich drei Jahre in Sibirien in Gefangenschaft und kann tatsächlich noch bisschen russisch sprechen und verstehen.
Natürlich sind die Kenntnisse, die ich da den Bundeswehrsoldaten sprachlich vermitteln kann, ziemlich begrenzt. Aber was müssen die als Kriegsgefangene auch groß verstehen? Es reicht, wenn die nach meiner Schulung wissen, wie man um Brot bettelt und wie man ein wenig Tabak schnorren kann.“
Von der Aussicht, in einem eventuellen Ernstfall mit den Russen als Gegner konfrontiert zu sein, sind übrigens alle von uns Befragten wenig erbaut. Übereinstimmend heißt es, als Gegner würde man diesmal die Italiener vorziehen.