Weiterlesen…" /> Weiterlesen…" /> ?>

Knöllenbecks 6. Fall

Veröffentlicht von Ambros Braesius am

Probleme im Untergrund

Wie verschiedentlich an dieser Stelle bereits erwähnt wurde, befindet sich Markscheids U-Bahn in äusserst prekärer Lage. Das Schlimmste daran: die U-Bahn ist nicht existent. Bei weitem noch nicht. Wiederholt hat sich die Stadtregierung intensiv Gedanken gemacht, wie dieses Problem zu lösen sein könnte. Es wurden sogar externe Fachleute konsultiert, unter anderem ein Team mit ausgesuchten Verhinderungs- und Verzögerungsexperten von Stuttgart 21 und vom BER, um eine dauerhafte Lösung zu finden. Bisher leider ohne Erfolg.

Anfangs Januar erreichte die Stadtregierung ein Memo der urlaubshalber abwesenden Frau Crohn-Corque (XX)*, in dem sie die Erholungsmöglichkeiten auf den Fidschi-Inseln lobte und ausserdem dringend aufforderte, endlich etwas betreffend der U-Bahn-Planung zu unternehmen.

Also wurden unverzüglich Probebohrungen veranlasst, um zu sehen, wo Markscheids verkehrstechnische Unterkellerung am einfachsten zu machen wäre. Man will ja schliesslich nicht dort Tunnels anlegen, wo der Untergrund am härtesten ist. Und wer, ausser den Markscheidern, baut schon gerne auf Sand?
Also wurde einfach mal gebohrt und gegraben.

Am 2. Tag erreichte Kriminalkommissar Knöllenbeck (37), der gerade intensiv an seinem Schreibtisch damit beschäftigt war, die letzte Spesenabrechnung zu optimieren, ein Notfallanruf von der Bohrstelle. Da er es gerade einrichten konnte, begab er sich an den Tatort.

Wer hätte gedacht, dass ein geologischer Korkenzieher Schädel und Gebeine zutage fördert?

In etwa 2 m Tiefe waren die Bohrer auf menschliche Überreste gestossen, genauer gesagt: auf Skelette.
Nun wurde der ganze kriminalistische Untersuchungsapparat Markscheids in Gang gesetzt: Knöllenbeck alarmierte unverzüglich Dr. Scheider (45), den offiziellen Gerichtsmediziner und Frau Petra Fitzig (49) wurde angehalten, die Kaffeemaschine im Kommissariat permanent betriebsbereit zu halten und den Getränkevorrat aufzustocken. Ausserdem wurde eine Standleitung zum Markscheider Tagblatt installiert, damit die Bevölkerung so rasch und so gut wie möglich informiert sein würde. Dann wurde Kriminalassistent Rötter (30) beauftragt, beim Hausmeister Krawutke (64) den Schlüssel zum Archiv zu besorgen.

Die Beweisaufnahme war schwierig, weil immer mehr Skelette entdeckt wurden, was ausgedehnte Grabungen notwendig machte: Dr. Scheider konstatierte eine noch unbestimmte Anzahl Leichen, die einzeln oder paarweise, parallel ausgerichtet in geordneten Reihen teils übereinander, teils nebeneinander gruppiert waren. Das Interessante daran: die Leichen mussten über einen längeren Zeitraum dort eingelagert worden sein und nur wenige wiesen Spuren von Gewaltanwendung auf. Knöllenbeck (37) dachte sofort an einen Serienmörder, eventuell ein Strangulierer oder eine Giftmörderin und suchte das Archiv auf, nachdem der Hausmeister widerstrebend den Schlüssel rausgerückt hatte. Aber er fand keine Hinweise auf eine so grosse Anzahl Vermisste.

Frau Petra Fitzig (49), die fleissige Kommissariatssekretärin, fand schliesslich des Rätsels Lösung: Da, wo gegraben und gebohrt worden war, hatte sich bis 1917 ein Friedhof befunden. In eben diesem Jahr war er geschlossen worden, weil der Platz in den Zeiten des Mangels für eine Gemüsegärtnerei gebraucht worden war und man die Erde dort als recht fruchtbar betrachtet hatte. Erleichtert konnte Kriminalkommissar Knöllenbeck die Akten 6278-M bis 6434-M (M wie Mord, im Gegensatz zu D wie Diebstahl), die Frau Fitzig (49) schon eröffnet hatte, erfolgreich abschliessen. Noch nie hatte ein Kriminalist in Markscheid in so kurzer Zeit so viele Fälle erfolgreich lösen können, was natürlich nun gefeiert werden musste.

*Frau Crohn-Corque verbittet sich, ihr Alter zu erwähnen, auch nicht in Artikeln, die kriminalistische Dinge betreffen (bedauernde Anmerkung der Redaktion).

Kategorien: AlltagLokalpolitik