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Kulturkritik

Veröffentlicht von ORF am

Wider besseren Wissens habe ich es mir erneut angetan. Ich hätte beim letzten Mal schon lernen müssen, das die Oper nicht unbedingt gut für mein Gesamtempfinden ist. Der Arsch tut einem hinterher weh (vom langen Sitzen) und man beherrscht das Kamasutra nicht besser als zuvor.

Am vergangenen Freitag, anlässlich der Thüringer Schlossfestspiele (in Sondershausen), habe ich die Oper ‘Turandot’ von Giacomo Puccini „genossen”, der während der Herstellung dieses äußerst aufregenden Werkes verstorben ist und welches sodann von Franco Alfano fertig gestellt werden musste. Diese Entschuldigung, das Ableben des Originalkomponisten, muss akzeptiert werden.

„Genossen“ habe ich nur geschrieben, um nicht bei allen die dies lesen als absoluter Kulturbanause in Verruf zu geraten. Letztes Jahr tat ich mir an gleicher Stelle ‘Cossi fan tutte’ (so machen es alle) an. An sich habe ich nichts gegen Opern, nur dass da alles gesungen wird. In italienisch zu allem Überfluss. Gut, die Übersetzungen ins Deutsche wurden seitlich eingeblendet und ich hatte mal eine verwandte Sprache gelernt, Spanisch, um es genauer zu benennen und das war doch schon etwas hilfreich bei der Übersetzung.

Aber diese aktuelle Handlung! Diese ganze Herz-, Schmerz-, Schmierenkomödie! Das Geschehen hat man vorsichtshalber in das alte China verlegt. Da konnte man keinem mehr wegen Missachtung der Menschenrechte an den Karren fahren, weil sie schon lange verblichen sind. Eine, wahrscheinlich schon in der Kindheit massiv vorgeschädigte, Prinzessin hat allen Buhlen um ihre Gunst drei Rätselfragen gestellt und wer sie nicht zu ihrer Zufriedenheit beantworten konnte, wurde kurzerhand ums Leben gebracht, gemeuchelt, hingerichtet und zu allem Überfluss vorher vielleicht auch noch gefoltert. Ich denke auch in dieser Zeit (Altertum?) hätte das keine Konvention der Welt gedeckelt.

Doch mein Geheimnis wahrt mein Mund, den Namen tu ich keinem kund …

Davon abgesehen, dass die Prinzessin Turandot eine, will mal so sagen, doch recht eigenartige Kopfbedeckung (kurioser Helm) trug, hopsten da ständig drei absolut unmöglich gekleidete Gesellen durch die Kante. Lügnerische, missionierende Burschen, deren Bewegungssystem mal irgendwann einen Knacks erhalten haben muss, denn sie zuckten ständig vor sich hin. Dann war sehr oft eine schwarzbekleidete Horde dort sehen, die sich immerzu ins Bühnenbild schob. Dem Programm konnte ich entnehmen, dass dies irgendwelche arbeitslosen Koreaner waren, die da die Statisterie gaben und mit dem da Verdienten ihre Sozialstütze etwas aufbesserten. Ob die Auszahlung in Euro oder Won, der koreanischen Währung, erfolgte, entzieht sich meiner Kenntnis. Häufig trat auch ein Mann im einem Leinenkittel auf, welcher mit chinesischen Schriftzeichen versehen war. Auf die Feststellung meiner Gattin das dies sicher gar nichts bedeutete, hielt ich ihr entgegen, dass da stände: „Onanieren ok., aber niemals in öffentlichen Einrichtungen“. Auf die Schnelle war mir nichts Besseres eingefallen, da ich natürlich kein chinesisch kann. Jedenfalls sprach meine bessere Hälfte vorerst nicht mehr mit mir. Dann waren noch diese rätselhaften Frauen, die über die `Bretter, die die Welt bedeuten` schlichen und eigenartige, kreisende, vielleicht magische Handbewegungen machten. Dazu stand nichts im Programm, was uns weiter hätte aufklären können.

Letztendlich hat die chinesische Thronnachfolgerin doch noch einen Anwärter (Calaf, der unbekannte Prinz) erhört, nachdem sich dessen Geliebte, die sich aber nie richtig offenbarte, vor dem ganzen Publikum mit einem Messer entleibte. Eigentlich sah die nicht nur viel besser aus als diese doch recht pummelige und leicht vertrottelt erscheinende Turandot, aber sie hat es eben aus Liebe zu Calaf getan. Das hätte sie ja weiß Gott auch in einer dunklen Ecke verrichten können, aber auf offener Bühne? Im Publikum waren sicher einige Jugendliche oder andere empfindsame Personen, die dies durchaus als Lehranweisung für einen Suizid verstehen könnten …

Wie auch immer, der Vater des erfolgreichen, zukünftigen chinesischen Kaiser sah äußerst ungepflegt aus (Timur, der Tatarenkönig?). Zudem war er auch noch stark sehbehindert, also blind. Er trug eine wirre Haartolle und einen zotteliger Vollbart. Der sah aus wie der Gandalf der Graue aus Herr der Ringe, aber um diese Geschichte ging es gar nicht in diesem Spektakel.

Am Ende war ich jedenfalls froh, dass ich endlich wieder nachhause fahren konnte. Zum Glück gab es keine Zugabe, wobei die Musiker eine tolle Musik zu dieser Oper spielte. Die hätten das verdient, allemal. Und um nicht zu vergessen der Kinderchor, der ebenfalls im Hintergrund agierte, sich aber am Ende der Veranstaltung wenigsten mal zeigen und sich beim Schlussapplaus mit verbeugen durfte. Die armen Kleinen, die mussten in ihren Ferien auch noch italienisch lernen!