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Markscheider Nostalgie-Backwaren

Veröffentlicht von Hans Wurst am

In der beschaulichen Stadt Markscheid ist man stolz auf Traditionen. Doch eine örtliche Bäckerei hat jetzt den Vogel abgeschossen – oder besser gesagt: Das Brötchen. „Bäckerei Nostalgia“, bekannt für ihre Vorliebe für Retro-Produkte, hat mit ihrer neuesten Idee den Bogen vielleicht etwas überspannt: Nachdem im Osten Deutschlands das sogenannte „DDR-Brötchen“ ein Revival feiert, bietet man hier nun sogenannte „Reichsbrötchen“ an, in denen angeblich der Geschmack und die „einzigartige Backkunst der späten 1930er und frühen 1940er Jahre“ verewigt sind. Das Resultat? Lange Warteschlangen vor dem Geschäft – aber nicht nur wegen der Brötchen.

„Wir wollten einfach etwas Authentisches schaffen, etwas, das an die gute alte Zeit erinnert“, erklärte Bäckermeister Horst Dinkel stolz, während er eine frische Ladung hartgebackener „Volksstullen“ aus dem Ofen zog. „Unsere Kunden wollen zurück zu den Ursprüngen. Und was gibt es Ursprünglicheres als Brötchen aus einer Zeit, als Hefe noch knapp und die Moralfrage optional war?“

Die Resonanz? Gemischt. Einige Markscheider sind begeistert, andere … naja, weniger. „Es ist ein Hauch von Geschichte“, schwärmte eine ältere Dame, die seit Jahren Stammkundin ist. „Ich musste zwar drei Stunden in der Schlange stehen, und das Brötchen schmeckt wie Karton, aber es hat diese Authentizität! Man schmeckt förmlich den Mangel an Freiheit!“

So ein leckeres Schwarzbrot ist lange haltbar

Andere sehen das weniger euphorisch. „Ich warte seit Stunden auf ein Brötchen, das aussieht, als sei es aus den Trümmern Berlins gerettet worden“, murrt ein junger Mann in der Schlange. „Und wofür? Für ein Stück Teig, das so trocken ist, dass selbst der Sandmann Durst kriegt.“

Die Bäckerei selbst wehrt sich gegen Kritik und betont, dass es sich bei ihren Brötchen keineswegs um eine politische Aussage handelt. „Wir wollen die dunklen Kapitel der Geschichte nicht verherrlichen“, betonte Bäckermeister Dinkel. „Aber man muss doch auch die Brötchenkultur dieser Zeit mal wertschätzen dürfen!“

Doch die „Nostalgia“ bleibt nicht bei den Brötchen stehen. Es gibt auch „Gau-Flocken“, ein Frühstücksprodukt, das „stark macht“ – laut Verpackung –, und „Luftschutz-Eclairs“, die zwar harmlos aussehen, aber einen bitteren Nachgeschmack hinterlassen. Die Nachfrage ist hoch, insbesondere bei Leuten, die sich in Sachen Geschichtsbewusstsein üben, ohne allzu tief nachzudenken.

Der Bäcker plant bereits die nächste Innovation: „Demnächst gibt’s unsere Wehrmachts-Waffeln. Die halten ewig – so wie die Geschichten unserer Kunden über die gute alte Zeit.“

Bleibt nur die Frage: Schmeckt Nostalgie besser, wenn man die düsteren Kapitel der Geschichte ignoriert – oder sollte man lieber die Finger von verbrannten Brötchen lassen? In Markscheid jedenfalls wird weiter fleißig angestanden – nicht wegen des Geschmacks, sondern weil hier offenbar der Satz „Früher war alles besser“ wörtlich genommen wird.