Neues aus der Markscheidklinik
Die Flügeltüren des Operationssaals schwangen auf und die riesige Lampe warf ein strahlend helles Licht auf Chefarzt Professor Liebherz. Ein breites Lächeln umspielte den Mund des routinierten Chirurgen. Zufrieden blickte er in die Runde. Aller Augen lagen auf ihm. Was für ein schöner Morgen für seine hundertfünfzigste Herztransplantation. „Sind die Skalpelle schon gewetzt und geschliffen? Hahaha!“, fragte er gut aufgelegt. Die ganze Belegschaft lachte über den witzigen Scherz ihres Chefs.
Wenige Stunden später war Chefarzt Doktor Liebherz noch immer berauscht von sich und seiner handwerklich perfekt durchgeführten Operation. Auf dem breiten Ledersofa in seinem Chefarztzimmer sitzend, gab er Schwesternschülerin Desirée eine Nachhilfestunde in Anatomie. Die Prüfung der Schwesternschülerinnen war bereits nächste Woche, und als fürsorglicher Chef achtete er darauf, dass Desirée alle notwendigen Kenntnisse erlernte, die er von seinen Mitarbeiterinnen erwartete. Entspannt lehnte sich der virtuose Chirurg zurück und nippte geschickt an einem Glas Champagner. Nicht minder geschickt stellte sich auch Schwesternschülerin Desirée an, die gerade mittels ihrer Lippen und ihrer Zunge die Funktion des männlichen Schwellkörpers erforschte. Just in diesem Augenblick ertönte der Chefarzt-Pieper mit schrillen Alarmtönen. Liebherz warf einen flüchtigen Blick darauf. „Ein Notfall auf der kardiologischen Station. Ich werde gebraucht!“ Er eilte bereits zur Tür. Schwesternschülerin Desirée seufzte enttäuscht auf.
Mit federnden Schritten erreichte der sportlich durchtrainierte Chefarzt die Kardiologie. Ein Blick in die Teeküche genügte. Es war grauenhaft. Assistenzärztin Kleinfuchs hielt sich mit ihren letzten Kräften am Klapptisch fest und war völlig verzweifelt. „Herr Professor, endlich!“ sah sie ihren Retter an. „Die Ausgabe der Medikamente war gerade und… Ich habe einen schrecklichen Fehler gemacht!“, schluchzte sie, während sich ihre Hand in den Chefarztkittel verkrallte. „Ich weiss nicht, wie so etwas nur passieren konnte, aber ich habe eben aus Versehen Kaffee in meinen Becher geschüttet, dabei bin ich doch eine Teetrinkerin! Was soll ich jetzt nur machen?!“, brach es aus ihr hervor, während Tränen sich ihren Weg bahnten. Liebherz behielt einen klaren Kopf. Trotz der verfahrenen Situation gab er mit der befehlsgewohnten Stimme des erfolgreichen Chefarztes präzise Anweisungen: „Schütten Sie den Kaffee in den Ausguss! Sofort! Und jetzt greifen Sie zur Teekanne… Gut so! Giessen Sie nun langsam Tee in den Becher!“ Die Assistenzärztin schien verunsichert: „Tee in einen Becher, in dem eben noch Kaffee war? Soll ich ihn nicht ausspülen?“ Als langjähriger Chefarzt hatte Liebherz diese Komplikation natürlich vorhergesehen. „Nur keine falsche Scham! Das kriegen Sie schon hin!“ beruhigte er die Assistenzärztin mit einer sonoren Bariton-Stimme. Dank der beherzten Worte ihres Chefs fasste die Ärztin langsam wieder Vertrauen und vorsichtig schenkte sie sich frischen Tee ein.
„Et voilà!“ Wieder einmal hatte Chefarzt Doktor Liebherz eine verfahrene Situation mit gekonnter Lässigkeit gelöst. Assistenzärztin Kleinfuchs warf ihm dankbare Blicke zu. Liebherz erinnerte sich mit wohligen Schauern an Schwesternschülerin Desirée, die noch immer in seinem Chefarztzimmer wartete und wollte schon gehen, als Assistenzärztin Kleinfuchs auf ihn zutrat. „Herr Professor, ohne Sie wäre ich verloren gewesen. Sie sind mein Held! Sie haben mich gerettet! Wie kann ich Ihnen nur meine Dankbarkeit zeigen?“, wisperte sie und Liebherz spürte, wie zarte Hände den Reissverschluss seiner Hose öffneten. Schwesternschülerin Desirée musste warten.