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Programmkino zeigt französischen Porno

Veröffentlicht von frcx am

Aufregung und Vorfreude zugleich bei den Filmfreunden des Kunstfilm-Vereins, dem Programmkino in Markscheid: Dank der großzügigen Fördergelder aus dem Kulturressort der Stadt Markscheid können die Cinéasten in den Räumen der ehemaligen Odeon-Lichtspiele am Bumshagener Platz ein pornographisches Meisterwerk des französischen Kult-Regisseurs Paul Laficque einer interessierten Öffentlichkeit präsentieren.

Der handwerklich virtuos inszenierte Pornofilm „Heiße Nächte auf dem Balkon“ basiert auf William Shakespeares Sex-Thriller „Romeo und Julia“. Souverän verwebt der französische Meisterregisseur die Schicksale seiner Protagonisten zu einer einzigartigen Momentaufnahme über Perversion, Masochismus und Sadismus, angesiedelt in der morbiden Atmosphäre einer mittelalterlichen Klosterruine. Laficque vertraut ganz auf die Brisanz der Geschichte und den teilweise überraschenden Wendungen. Die nackten Protagonisten sind ständig in Bewegung. Genauso wie die Kamera mit ihren Nahaufnahmen.

Wie durch ein schillerndes Kaleidoskop zwingt Laficque den Zuschauer zu einem schonungslosen Blick in die Abgründe der eigenen Sexualität. Ihm zur Seite steht ein überzeugendes Schauspielensemble aus exquisiten Charakterdarstellern. Alles dreht sich um zwei verfeindete Familien aus dem sozialen Brennpunkt der Pariser Banlieue. Roméo Montague steckt in einer Sinnkrise und lässt sich auf eine Affäre mit der Nachwuchs-Prostituierten Julie Capulet ein. Doch da funkt deren dominanter Vater dazwischen. Die Situation wird heikel. Geschickt nutzt Laficque den Konflikt, um einen hart choreographierten Gang-Bang der Familienmitglieder in den Handlungsstrang einzuflechten.

Es gibt sehr viel nackte Haut

Besonders berührt der Dialog zwischen Julie, gespielt von der jungen französischen Schauspielerin Vaginée de Voulvinne, und Roméo, passend verkörpert durch Oscar-Preisträger Pierre Pénisse:

„Oh Roméo, mon amour ! Wenn ich blase, verblas‘ ich meine Ängste !“

„Oh Julie ! Ich stehe mit dem Bonhomme, meine Engste !“

In dieser sehr starken Szene wünscht man sich unwillkürlich, dass die Kamera verweilt und in die Story noch tiefer eindringt. Gezielt unterstreicht Laficque die Sequenz mit der Stimmung und Gefühlslage der Akteure. Das Timing ist perfekt. So lässt Laficques suggestiver Dialog bereits erahnen, dass es für seine beiden Akteure wieder Zeit ist, die Position zu wechseln:

„Oh Roméo, mon amour! Mach mir den ‘engst!“

„Oh Julie! Ich liebe es, wie Du Dich verrenkst!“

Zugegeben, manche Sequenzen von Laficques Potpourri wirken zuweilen etwas steif. Doch das komplexe Unterfangen, die beiden Protagonisten und ihre Körperöffnungen in eine funktionierende Filmhandlung zu pressen, hat der 87jährige Ausnahmeregisseur in seiner typischen Handschrift bravourös gemeistert. Die realistische Bildsprache Laficques treibt seine Figuren unermüdlich zu neuen emotionalen Extremen. Versiert streut der Meisterregisseur das reizvolle Puzzle seiner Erzählstränge aus, die scheinbar auseinander laufen, um sich dann in einem fulminanten Höhepunkt wieder zu vereinen:

„Oh Roméo, mon amour! Deine Anmut verwandelt mein Blut in Glut!“

„Oh Julie! Sei jetzt bereit für meine Erbgut-Flut!“

Der Kunstfilm-Verein zeigt „Heiße Nächte auf dem Balkon“ täglich um 19:00 Uhr. Kartenreservierung wird empfohlen.

Kategorien: Bildungswesen