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Reporter Günther W. gibt nicht auf …

Veröffentlicht von El Blindo am

Nach dem im letzten Artikel beschriebenen tragischen Unfall von Günter W. hatte derselbige sich vorgenommen, nie mehr einen Fuss oder sonst etwas nach Markscheid zu setzen. Er lag also im Krankenhaus, erholte sich langsam von seinem Herzinfarkt und seinem Schock und musste das nervtötende Gerede seines Zimmernachbarn über sich ergehen lassen. In den ersten Stunden – noch schwer im Delirium der segensreichen Schmerzmedikamente – hörte er nur „Wuab, wuab, wuap, bawub, wob, wab, schwuab…“

Am nächsten Tag, schon wieder etwas klarer im Kopf, wurde er kurzzeitig hellhörig; erzählte der Bettnachbar doch ständig etwas von in unregelmässigen Abständen vermissten Pilgern und Pilgerinnen, die auf dem Jakobsweg mit Ziel Santiago de Compostela durch Markscheid gekommen waren.  Das heisst, nach Markscheid hinein, aber nicht wieder auf der anderen Seite hinaus. So hätten sie eigentlich noch in Markscheid sein müssen. Waren sie aber nicht. Also stellte sich die Frage: Wo waren sie abgeblieben? Und wie er versucht hatte, seine Schwiegermutter zum Begehen des Jakobswegs zu bewegen und wie seine Schwiegermutter stattdessen bla bla bla..Wuab, wuab, wuap, bawub, wob, wab, schwuab…..

5 Tage später:, nun definitiv erwacht,  hatte Günter W. das Recherchefieber gepackt. Das Verschwinden der Pilger roch nach einer journalistischen Sensation. Und da  die Ärzte zwecks Rehabilitation Bewegung empfohlen hatten, konnte Günter W. es nicht lassen: Sobald er wieder auf den Beinen war, besorgte er sich eine anständige Wanderausrüstung, einen Pilgerstab, eine Feldflache vom Typ Flachmann (0,75 l) und mischte sich unter eine Gruppe Jugendlicher, die lauthals “Waiemsieyh” singend und mit ihren Pilgerstäben klappernd Richtung Westen  gegen Markscheid marschierten. Wahrscheinlich hatten die noch nie etwas von Nordic Walking gehört, weshalb sie nach Westen strebten…

Er integrierte sich sogleich, indem er nach allen Seiten freundlich nickend seine positive Grundhaltung demonstrierte und sich an den Kreuzungen doppelt bekreuzigte.

Hier sehen wir die fröhlichen, singenden Jugendlichen auf ihrem Weg. Günther W. ist der 4. von links

In Markscheid angekommen, wo er die altbekannte Pizzeria weiträumig mied – noch immer brach ihm der kalte Schweiss aus, wenn ihm seine letzte traumatische Erfahrung in diesem Etablissement in den Sinn kam – geriet er hinter der Kirche auf den Friedhofsanger, eine düstere kleine Gasse, in ein kleines, verstaubtes Geschäft, den Devotionalienladen. Das laute Knarren der Eingangstür weckte den Verkäufer, einen gebrechlich wirkenden Alten in Mönchskutte, der hinter dem Ladentisch neben ein paar leeren Bierflaschen in stillem Gebet vor sich hin geschnarcht hatte. Händereibend kam er hinter dem Tresen hervor, musterte den Kunden aufmerksam und begann seine Waren anzupreisen.

„Wundertätige Knochen, Splitter vom Kreuz Jesu gefällig, eine Ampulle Ohrenschmalz vom  heiligen Christophorus? Hilft auf Pilgerreisen gegen Blasen an den Füssen und macht den Pilgerstab griffig, etwas Asche vom Scheiterhaufen Jeanne d’Arcs?  Wirkt gegen Sonnenbrand, Hitzschlag und Staublunge.“

Günther winkte ab und meinte: „Will mich nur etwas umschauen…“

Der Alte kam näher und inspizierte seinen möglichen Kunden interessiert von Kopf bis Fuss. „Haben sie künstliche Gelenke oder mit Titan verschraubte Knochen – vielleicht nach einem Motorradunfall, oder wurden Sie schon mal radioaktiver Strahlung ausgesetzt?“

Günther W: „Was soll das, warum stellen sie mir diese Fragen?“

Der Ladenbesitzer: „Ach, nur so, bin halt an meinen Kunden interessiert. Und Metall könnte die Wunderkraft meiner Reliquien blockieren. Möchte Ihnen ja nichts verkaufen, dass bei Ihnen nicht wirkt.“

Günther W.: „In der Tat habe ich ein künstliches Hüftgelenk und eine Platte am Schienbein und einmal wurde ich mit Schwermetall verseucht.“ (Das Reporterleben kann gefährlich sein; Anm. der Redaktion)

Der Ladenbesitzer wirkte enttäuscht. „Schade, na dann. Hätte da noch günstige Kruzifixe aus dem Holz vom Stall in Bethlehem, wirken gegen und für fast alles, wie wärs damit?

Günther W. kaufte eine segensreiche, teure Kleinigkeit und schaute, dass er wegkam. Nun hatte er Hunger und begab sich in ein nahegelegenes Fischrestaurant , wo er sich über diesen merkwürdigen, gerade besuchten Laden Notizen machen wollte. Da kam ihm doch etwas verdächtig vor. Er wusste nur noch nicht was.

Nachdem er eine sehr würzige, mediterrane Fischsuppe gegessen hatte, wurde ihm plötzlich schwarz vor den Augen …

Zwei Tage später erwachte er mit entsetzlichen Bauchschmerzen und Übelkeit im Krankenhaus. Die unerträglich gutgelaunte Krankenschwester informierte ihn strahlend, dass er eine neue Leber erhalten habe. Erneut schwor er sich, nie mehr nach Markscheid zurückzukehren. So wurde das Rechercheprojekt „Die Suche nach den verschwundenen Pilgern“ zunächst einmal beiseite gestellt. Die Frage ist nun, wie geht es weiter? Wir wissen es nicht … noch nicht.

Kategorien: Kriminalität