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Armutsbekämpfung 2.1

Veröffentlicht von Phacops am

Nach eingehender Betrachtung der Rentner, die in den Mülltonnen nach Flaschen suchten, wahrscheinlich, um die Rest an Alkohol auszutrinken, sowie der 0,1 Cent Jobs wurde es der Vorsitzendinnen der Fraktion der Hellblauen im Markscheider Gemeinderat, Hildegund-Joseph Krummbiegel-Zusmarshausen zu viel.
“Es ist eine Schande, wie viele Arme es in unserer Gemeinde gibt. Dagegen müssen wir endlich etwas tun.”
Für einen Moment hielten die anderen Räte den Atem an und spickten ängstlich zur Frau Bürgermeisterin Crohn-Corque, unsicher, wie diese auf solch einen indirekten Vorwurf reagierte.
Diese, souverän wie immer, lief nur für gefühlte 10 Minuten rot an, hyperventilierte, hatte sich dann aber wieder im Griff.
“Wenn ich in die Verwaltung und in den Gemeinderat schaue, dann schreit mich die Armut geradezu an. Nicht einmal 50% tragen Rolexuhren oder fahren einen SUV oder Sportwagen. Aber wenn dieses Thema aufs Tapet kommt, dann will ich nicht hinten anstehn.”
Tiefes Durchatmen insbesondere der ersten Reihe der Gemeinderäte, die sich sichtlich unter dem stechenden Blick der Frau Bürgermeisterin wanden. Also bestand fürs Erste keine Gefahr, ins Fadenkreuz zu gelangen.
Als ihre Hand nicht mehr zitterte, stand Frau Crohn-Corque auf und trat ans Rednerpult. Im In-Earkopfhörer knackte es, dann begann sie.
“Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen. ich freue mich, dass dieses Thema endlich zur Sprache gekommen ist. Es ist nun an der Zeit, dass wir uns um die Sorgen und Nöte des Plebs, ich meine des arbeitenden Prekariats kümmern.”
Sie winkte und ihr Adlatus öffnete schwungvoll eine Bügelflasche und reichte sie ihr. Nach einem tiefen Schluck fuhr Frau Crohn-Corque fort.
“Auch mir ist die Armut nicht verborgen geblieben, die sich verstärkte, obwohl wir doch das Flaschenpfand erhöht haben, um auch morgen noch den Rentnern ein gutes Auskommen zu geben. Da selbst die Repressalien bei Hartz4 nicht zu einer Verbesserung führten, habe ich beschlossen, besondere Maßnahmen zu ergreifen. Alles fängt dabei mit der richtigen Definition von Armut und Wohlstand an. Echter Wohlstand beginnt da, wo Hunger und Durst halbwegs gestillt sind. Zudem gebe ich zu bedenken, dass ein voller Bauch bekanntlich nicht gerne studiert. Was das fürs lebenslange Lernen bedeutet, muss ich ihnen nicht erklären. Blicken sie nur in den Spiegel.”
Leichtes Raunen durchzog den Sitzungssaal.

Hier die neueste Errungenschaft aus Frau Crohn-Corques Wagenpark.

“Außerdem müssen wir unsere Grenzen aufbrechen, um eine enge Sicht auf die Armut zu reduzieren. In einer durchglobalisierten Welt zählen nicht nur die Millionäre in unserer Gemeinde, sondern wir sollten auch den Wohlstand der anderen Nationen in Betracht ziehen. Kalkulieren wir die hohe Anzahl von Milliardären in den USA zu unserem durchschnittlichen Vermögen hinzu, kann ich mit Fug und Recht behaupten, dass wir eine der reichsten Gemeinden weltweit sind.”
Beifall ertönte im weiten Rund.
“Und, verglichen mit dem durchschnittlichen Vermögen des unteren Drittels der Bevölkerung in Bangladesh und Nigeria, sind unsere Rentner geradezu Millionäre. Ich finde, dass dies endlich einmal gesagt werden muss. Wir haben also wieder mal ein Kommunikationsproblem. Jeder muss die Flaschensammler und 0,1 Cent Jobber freundlich darauf hinweisen, wie gut es ihnen eigentlich geht. Und das, meine liebe Damen und Herren, ist nur der Verdienst dieses Gemeinderats.”
“Und unserer Bürgermeisterin”, brüllte ihr Adlatus. “Sie lebe hoch!”
Bescheiden senkte Frau Crohn-Corque den Kopf. “Um sie alle in diesem Vorhaben zu bestärken, werde ich die Sitzungsgelder um 235% erhöhen, sowie die monatliche Vergütung um 120%. Wir müssen mit unserem Reichtum dem Rest unserer Gemeinde voranschreiten und ein gutes Vorbild sein!”
Der Rest ihrer Rede ging in einem lauten Beifall unter, den die Bürgermeisterin ausnutzte, um den Saal zu verlassen und sich von ihrem Adlatus im neuen Aston Martin nach Hause chauffieren zu lassen, stolz darauf, erfolgreich die Armut bekämpft zu haben.