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Das geht denn doch zu weit!

Veröffentlicht von Ambros Braesius am

Auszug aus einem Memo eines Maschinenbauunternehmens an alle Mitarbeiter:

Die hr-Beauftragte der Geschäftsleitung teilt mit:
Jetzt, wo unsere Produktivität betroffen ist, werden wir die Pöbeleien von Betriebsangehörigen in den Social media nicht mehr tolerieren! Leider weilt Roswitha Brenner nicht mehr unter uns. Es macht uns betroffen, von ihrem Tod berichten zu müssen, hat sie in unserer Firma doch seit elf Jahren unermüdlich die Geschicke der Buchhaltung geleitet und Ordnung gehalten. Und es war nicht einfach für sie in  letzter Zeit: Zuerst die Pandemie und dann die überraschende und ungeheure Zunahme unserer Auftragslage dank des Ukrainekriegs, die manchen in unserem Betrieb an die Grenze brachte. Aber nicht sie! Mit unermüdlichem Einsatz hat sie in unserer Abteilung für militärische Verteidigungsgüter ohne zu klagen, die fleissige, unscheinbare Maus im Hintergrund, die sie war, eine grosse Anzahl Überstunden angehäuft, die wir ihr nun nie mehr vergüten können.

So sollte künftig mit Pöbeleien, Entwertungen, Beschimpfungen in den Social Media umgegangen werden!

Dem Vernehmen nach soll sie dem ungeheuren Druck, dem sie ausgesetzt war, nachdem sie ihr Verlobungsfoto auf TikTok gepostet hat, nicht mehr standgehalten haben. Sie hat ihrem Leben ein Ende gesetzt. Wir verurteilen das aufs Schärfste! Nicht jeder Mensch kann schön sein! Und dass die Liebe ihres Lebens ein ausserordentlich attraktiver, junger Mann war, hätte ihr Glück nur noch grösser machen sollen. Aber was ist geschehen? Ein Shitstorm hat sich über sie ergossen, die neid -und hasserfüllten Tweets waren es, die ihr die Last ihres noch jungen Lebens unerträglich gemacht haben. In diesem Zusammenhang möchten wir darauf hinweisen, dass es nicht unseren ethischen Grundwerten entspricht, Menschen zu verurteilen, die das Pech haben, nicht schön zu sein! Und dass die neid- und hasserfüllten Kommentare die sich zum Bild des ungleichen Paares geäussert haben, keineswegs mit unseren Firmenrichtlinien kompatibel sind!  Sätze wie: „Wie hat die Schlampe es geschafft, sich diesen Schönling zu angeln?“ oder „Den werde ich ihr ausspannen, gegen mich hat sie keine Chance!!“ „ Warum heiratet dieser coole Typ seinen Kleiderständer?“ oder „Der Scheishauven könte sich doch wenigstens schminggen!“ sind nicht akzeptabel und werden künftig in unserem Firmennetzwerk nicht mehr geduldet und mit sofortiger Kündigung der Urheber*in geahndet!

Liebe Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und Mitarbeiterdiverse, lassen Sie sich diesen Verlust unserer Buchhaltung eine Warnung sein: Seid nett zueinander, das Äussere ist doch nicht immer ein Abbild der inneren Schönheit eines Menschen! Wir werden mit Strenge in Zukunft solche Entgleisungen verfolgen, um unsere Produktivität nicht zu gefährden!