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Das klerikale Treiben in Markscheids Kirchengeschichte XIII

Veröffentlicht von Ambros Braesius am

Die Weihwasserkriege 2041 -2081

Auch in Markscheid war das Abschlaffen der staatlichen Einrichtungen zu spüren. Die Staaten und ihre Verwaltungen büßten an Macht ein, wurden immer ineffizienter – was schon heute eine kaum vorstellbare Steigerung beinhaltet. Das Regulatorische hatte zu einem zweiten Turmbau zu Babel geführt. Dieses Mal auf Papier und in den Gerichtsstuben. Die Staaten gaben die faktische Macht mehr und mehr an die Großkonzerne ab, die verwalteten, regierten und kultivierten. Auf ihre Art halt.

Wie erwartet, konnte sich in diesen Umwälzungen die Kirche mit ihrer über tausendjährigen Regierungserfahrung und ihrem großen Stab aus dem geheimen Orden der Intriganten (gegründet von Callidus Phaulius 489 n.Chr.) einen Platz sichern und gewann ab 2025 wieder an Macht. So wurden immer häufiger auch in der Kirche die Kaderpositionen von Männern und ab 2037 auch von Frauen besetzt, die aus den Großkonzernen in die Kirche wechselten oder abgesandt worden waren. 2033 konnte VW-FAW, das deutsch-chinesische Karrenbauerkombinat, schließlich den Papst ernennen.

So wurde Firlefanz I. ernannt. Dank erfolgreicher Abgasfilterung war bei seiner Ernennung kein weißes Räuchlein sichtbar. Ein hoffnungsvolles, göttliches Zeichen! Des Firlefanzens revolutionäre erste Amtshandlung war das Abfüllen von Weihwasser in Petflaschen, die dann weltweit an den eTankstellen vertrieben wurden, wo es sonst kaum mehr flüssige Treibstoffe – überhaupt: Flüssiges – gab. In den trockenen Regionen dieser Welt, wo auch kaum mehr Trinkwasser vorhanden war, jubelten die Menschen über das teure Weihwasser und waren sehr dankbar. So dankbar, dass sie aus lauter Begeisterung die Weihwasserkriege begannen. Aber zurück zu Markscheid:

Besondere Erwähnung soll hier die weit herum beliebte Bischöfin Meggie-Sue Alboroto-Rompipalle finden, die zuerst bei Fiat, dann bei Nestlé in der Hierarchie emporgeklettert war und schließlich Kardinalle des Westeuropäischen Reichs wurde. Wegen des Markscheider Spottliedes „die Kardinalle Rompipalle ist nichts weiter als ne Schnalle“ wurde in der Diözese, zu der Markscheid gehört, wieder die Todesstrafe eingeführt. Hier eine verbotene Hörprobe: (Das Abspielen und Anhören dieser Hörprobe ist verboten und könnte rechtliche Sanktionen zur Folge haben, also fragen Sie lieber Ihren örtlichen Medizintechniker oder Dealer über mögliche Komplikationen).

https://www.youtube.com/watch?v=CRd4ExlKtJ4

In Markscheid wurde sie nicht gern gesehen, wie wir alle noch in guter Erinnerung haben. Sie trieb das Einpreisen des Wasser+ mittels der Installation von Zählern+ voran, was das Öffnen des Wasserhahns für viele Hartz VII-Empfänger verunmöglichen sollte. Die Leute murrten, demonstrierten, begannen zu stinken, weil Wasser rar wurde, was aber letztlich nicht viel veränderte, da sie nun nur die Wahl zwischen teurem Weihwasser aus Petflaschen oder dem etwas günstigeren Wasser+ hatten, das für die meisten aber auch unerschwinglich war.

Es hub ein großes Dursten und Verdorren an. Und was gibt es Schlimmeres für einen wahren Gläubigen, als unnötig dürsten zu müssen?

Die Kardinalle wurde am 20. April 2039 bei einer Gedenkprozession zum 150. Geburtstag eines Staatenlenkers  in Markscheid von einem Attentäter meuchlings ermordet. Man erwischte den Täter nicht, aber da er vor der Tat eine antike Bierflasche aus echtem Glas in die Höhe gehalten hatte und laut „Plöpp“ rief, bevor er zustach, vermutet man, dass Partisanen aus den Kreisen der militanten Bierbrauerzünfte diesen ruchlosen Mörder geschickt hatten.

Hier sehen wir das Requisit des Attentäters, das zum Bedauern aller während des Tathergangs am Boden zerschellte

Das Pfarr in Markscheid dieser Jahre war ein Mensch unbestimmten Geschlechts namens Rüdiger-Susanne Meier13. Es hatte früher der Sekte der Streber Gottes angehört, bevor es sich für konventionelle kirchliche Arbeit entschieden hatte. In Markscheid herrscht bis heute Verunsicherung darüber, wie die korrekte Anrede dieses  Pfarrwesens hätte lauten sollen. Aber seine Predigten waren interessant, verhedderte es sich doch immer wieder bei der Anrufung Gottes oder der Muttergottes in den Geschlechtsbezeichnungen, einmal gar rannte es schluchzend von einer Predigt weg, weil ihm mehrmals der Fehler unterlaufen war, das heilige Geist in seiner männlichen Form zu erwähnen und Gekicher und Getuschel bei den wenigen Kirchgängern hörbar wurde. Fortan wurde der Gottesdienst nur noch online und interaktiv abgehalten, was allgemein mit Erleichterung aufgenommen wurde. Das Pfarr verurteilte den Mord an Kardinalle Alboroto-Rompipalle natürlich vehement, was aber kaum zur Kenntnis genommen wurde, da etwa gleichzeitig die ersten Aufstände gegen alles im Land aufflammten.

Das Wahrzeichen der Aufständischen war eine volle Flasche Bier mit geöffnetem Bügelverschluss als Symbol der Hoffnung und der erfolgreichen Löschung des apokalyptischen Durstes.

Kategorien: GeschichteSoziales