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Ein Fall für Undercover-Investigativ-Journalist Pokinski

Veröffentlicht von frcx am

Pokinski rührte den Kaffee um. Dann hob er die Tasse vorsichtig zu den Lippen. Viel zu heiss. Pokinski starrte auf die E-Mail seines Redakteurs: „Schreib endlich einen Artikel!“ Pokinski zog die Mundwinkel zu einem schiefen Grinsen auseinander. Artikel, pah! Der Typ hatte keine Ahnung vom Leben eines Undercover-Investigativ-Journalisten. Ein lautes Zirpen unterbrach seine Gedanken. Es waren die Bots in ihren Käfigen. Die tägliche Fütterung stand an. Pokinski schob ihnen ein paar Kommentare rüber, die Bots fraßen sie gierig und machten brav ihre Hütchen. Günther Oettinger machte sogar ein Downvote auf das Zeitungspapier in seinem Käfig und bekam dafür ein Leckerli. Pokinski musste wieder an die Mail seines Redakteurs denken. Er beschloss, sich erstmal einen Überblick über die aktuelle Weltlage zu verschaffen. Und niemand war besser geeignet, die Knüller-Nachricht des kommenden Tages vorherzusagen, als frcx. 

Pokinski öffnete vorsichtig die Tür der „Kristallkugel„, dem Laden von frcx am Klitorisweg. Innen war es stockdunkel. Vorsichtig tastend trat Pokinski ein. Die Tür gab ein lautes Knarren von sich und schloss sich hinter ihm wie von Geisterhand. Eine Kerze wurde in der Mitte des Raums angezündet. Pokinski ging zwei Schritte vor. Die Kerze stand auf einem runden, hellen Gegenstand. Pokinski erkannte ihn schliesslich als Totenkopf. Es mussten schon viele Kerzen auf ihm gebrannt haben, denn er war überdeckt mit getrocknetem Wachs. Hinter dem Totenkopf erkannte er schemenhaft eine Gestalt.

„Was möchtest Du wissen? Nein, sag es nicht, denn ich weiss es schon. Die Schlagzeilen der morgigen Markscheid am Mittwoch?“, fragte frcx mit einer warmen angenehmen Stimme.

„Ja“, antwortete Pokinski.

„Soll ich die Tarotkarten legen oder aus dem Kaffeesatz lesen?“, fragte frcx und fügte hinzu: „Der Preis ist der selbe. Einhundert Euro. Oder Franken. Ich nehme auch Schweizerfranken.“

Pokinski entschied sich für die Tarotkarten und reichte hundert Franken in die Dunkelheit, die ihm mit geschickten Fingern abgenommen wurden.

„Setz Dich. Möchtest Du einen Kaffee, bevor wir anfangen?“, fragte frcx.

Pokinski verneinte. frcx mischte die Karten und legte sie dann im Schein der Kerze auf ein altes Tischlein vor Pokinski aus.

„Aaaah! Ach du heilige Scheisse!“, entfuhr es frcx.

„Was ist?! Was sehen Sie?“ fragte Pokinski entsetzt.

Die Karten lügen nicht

„Ich habe den Kaffee verschüttet. Und der ist mir voll über die Tarotkarten gelaufen“, erwiderte frcx. Um nach einer kleinen Pause hinzuzufügen: „Also, Kaffeesatz auf Tarotkarten, das verdoppelt natürlich den Preis.“

Pokinski griff widerwillig in seine Brieftasche und holte einen weiteren Hundert-Franken-Schein hervor. Auch dieser wurde ihm mit geübten Fingern sogleich abgenommen.

„Was ist mit der Weltpolitik?“, fragte Pokinski. „Was sehen Sie bei der Weltpolitik auf uns zukommen?“

frcx betrachtete lange die Karten und antwortete dann: „Ich sehe einen überraschenden Wahlsieg von Donald Trump, mit dem niemand gerechnet hatte.“

Pokinski wurde wütend: „Was?! Ich zahle zweihundert Franken für eine Nachricht, die schon fünf Jahre alt ist? Das darf doch wohl nicht wahr sein! Läck mir am Tschöpli!“

frcx lächelte milde. „Ich sehe in die Zukunft, nicht die Vergangenheit“, sagte die angenehm melodische Stimme.

Pokinski brummte etwas unverständliches und fragte dann: „Und in meinem persönlichem Umfeld? Was passiert da?“

frcx studierte angestrengt die Tarotkarten und antwortete schliesslich: „Einem Menschen, der Sie öffentlich angeschwärzt hat, wird ein Unglück widerfahren.“

Pokinski wurde plötzlich sehr neugierig: „Wirklich? Erzählen Sie mir mehr!“

Und frcx berichtete, was in den Tarotkarten zu sehen war: „Ich sehe einen Mann auf einem Moped. Er fährt zu seinen Bienen. Die Bremsen versagen. Er rauscht mit Karacho in den Smoker, der fällt um und setzt die Böschung in Flammen. Es brennt lichterloh. Überall Rauch. Der Mann stolpert orientierungslos durch den Rauch. Stösst die Bienenstöcke um. Die Bienen stürzen sich wie wild auf ihn. Stechen erbarmungslos zu. Oh, nein … es ist fürchterlich. Grausam. Die Bienen …  Ein Massaker.“

Pokinski grinste zufrieden. Der Besuch bei frcx hatte sich gelohnt.