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Ein Konzertbesuch

Veröffentlicht von ORF am

Alle Jahre wieder findet etwa 700 Meter unter Tage in einem Kalibergwerk das Neujahrskonzert des Lohorchester Sondershausen/Nordhausen statt. So auch gestern. Ich persönlich hätte den bestimmt verpasst, diesen Termin, aber unsere Verwandtschaft hat aus eben diesem Grund für die Familie und auch andere Interessierte der näheren Umgebung (etwa 30km), eine WhatsApp Gruppe eingerichtet, um rechtzeitig zu erinnern.

Ich meine, ich gucke relativ selten auf mein Mobile, aber diesmal schon und so konnte ich den ansonsten anstehenden, heftigen familiären Verwerfungen mit Bravour entgehen. Ich wusste Bescheid und habe selbst davon gesprochen und gedrängelt. So etwas kommt eben gut, wenn man schon weit über vierzig Jahre verheiratet ist. Der Gatterich ist kulturell informiert und drängt seinerseits auf Einhaltung der diversen Termine. Das gibt wieder Pluspunkte (ja, ich hatte schon mal welche), aber Hallo!

Die diesjährige Veranstaltung war nicht verkehrt und ich bin nicht einmal eingeschlafen in den rund 90 Minuten, da so ganz tief unten. Die Musik selbst mag durchaus für einige etwas schräg geklungen haben. Ziemlich atonal und disharmonisch zum Teil.

Ich muss gestehen, mir hat sie zugesagt, obwohl sie von Komponisten kam, die ich in dieser Richtung eher weniger in Verdacht hatte. Unter dem Motto ‚Reiselust‘ wurden da Strauss (Sohn), Krenek, Williams, Rossini, Albeniz, Chopin, Weil, Taileferre, Edward, Milhaud und Glinka gegeben. Autsch, beim Eintippen dieser vielen und für das Gros der Bevölkerung bekannten Namen hätte ich mir um ein Haar die Finger verkrampft. Aber was tut man nicht alles für eine gute Kritik. Einige Zuhörer waren da offensichtlich anderer Meinung, und es kam fast zu Faustkämpfen unter Nichtenthusiasten, nur wenige Reihen vor mir. Es floss kein Blut, das nicht, aber relativ laut und sehr störend waren diese Musikbewertungen schon. Vielleicht war die lauteste Störerin eine Dame, wohl eher ein Fan von Frank Schöbel und Co., und sie wurde offensichtlich unter Vorspiegelung falscher Tatsachen da runter gelockt. Wer weiß?

Da ich mir gerne auch mal Freejazz, Neun- oder Zwölftöner wie z.B. Penderecki zu Gemüte führe, habe ich nicht kreischend das Weite gesucht und das diesjährige Neujahrskonzert genossen.

Alfy und seine Ex Lotti machen Musik

Der diesjährige Dirigent, ein relativ junger, schlaksiger (laut Programmheft) Berliner, hat sein Zeug gut gemacht. Zudem durfte ein Tenor, der aussah wie ich vor einigen Jahren, also untersetzter Glatzenträger mit Vollbart, ab und an ein Liedchen trällern. Immer wenn ich mitsingen wollte, kam ein Runks von der Seite meines Eheweibes, die solches verhinderten. Weiß Gott, wir hätten da sicher Erfolge einfahren können, oder man hätte mich mit Teilen beworfen, damit ich endlich die Gusche halten sollte. Natürlich nur die Kunstbanausen oder anderen Nichtsachverständigen. Na ja, ich werde sicherlich nächstes Jahr wieder zu dieser Veranstaltung fahren.

Zum einen ist die Temperatur da unten sehr erträglich und konstant und ich komme vielleicht endlich in den Ruf, kulturbeflissen zu sein. Zum anderen hat es mir sehr gut da gefallen. Auf besondere Wünsche hin, oder weil der Dirigent einen Teil des Publikums für sich einnehmen wollte, wurde am Ende sogar der Radetzkymarsch gespielt, obwohl er gar nicht auf dem Programm stand.

Dies hätte wiederum sicher meinem Haushund zugesagt, der nebenbei auch schon mal zusammen mit seiner damaligen Freundin Lotti klassisches Zeug sang. Er als Heldenbariton. Werde mit meinem Beller und Sänger (!) erstmal eine Morgenrunde drehen und mit Wehmut an die warme Umgebung siebenhundert Meter weiter unten denken.