Karfreitagskonzert
Aus gegebenem Anlass -Karfreitag und 100-jähriges Bestehen der Markscheider Universität- berichten wir liver als üblich- noch bevor es stattgefunden hat- über das Eröffnungskonzert der Jubiläumsfeierlichkeiten, besser bekannt seit Jahr und Tag als „Last night of the C-Proms“, das heuer an einem Karfreitag stattgefunden hat. Nach einer kurzen, zweistündigen Begrüßung durch den Hausmeister der Universität, der auf bedenkliche architektonische Besonderheiten der Universität und der Konzerthalle hinwies, begann ein rauschendes Fest mit einem Querschnitt durch die Markscheider Musik der letzten Jahrhunderte, geleitet von der stets souveränen Professorin Maestra Schachtel, die sich um die Markscheider Kultur besonders verdient gemacht hat. Insbesondere, da sie öffentliche Aufführungen meidet und die Proben wegen der Akustik im Marscheider Bunkersystem stattfinden.
Mit der Ouvertüre zur Oper „Die Stadt des Grauens“ des berühmten Markscheider Komponisten Heinrich Hubert Hirsch (1793 – 1845) begann das Große Universitätsorchester das Konzert. Schon bei den ersten Tönen zeigte sich, wie sich mit wenigen Strichen das Grauen, die Ruinen und die Hoffnungslosigkeit manifestieren können. In solch einer Stadt können nur Teufel existieren, war die einhellige Meinung des behelmten Publikums, das wegen der Baufälligkeit der Konzerthalle zunächst nur verhalten applaudierte. Da die Decke des Raums entgegen allen Gesetzen der Baustatik noch hielt – ein leichtes Herunterbröseln von Verputz konnte mit dem Entfernen einiger Asbestplatten der Deckenverkleidung behoben werden – wurde das Konzert fortgesetzt.
Die nächsten 180 Minuten gehörten ganz dem Höhepunkt der Markscheider Romantik, entstanden Mitte des 19. Jahrhunderts, dem „Trostlosen Zeitalter“. Nach einem Roman von E.T.A. Hoffnungslos, dem berühmten Markscheider lahmen Brüter, kompostierte A. Paul Webber die berührende Oper „Der Schreifritz“, deren Einfluss auf die nordische Kunst in mehreren Gemälden Niederschlag fand. Aufgrund der engen Platzverhältnisse musste das Orchester auf nur 3342 Violinen reduziert werden, was dem Klang deutlich anzumerken war. Dafür durfte Ignazius Brüller in der Rolle des Fritz brillieren und sein finaler Schrei, als er sich am Ende als ein Teufel in Engelsgestalt entpuppte und zur Strafe in den Garten Eden verbannt wurde, hinterließ nicht nur in Markscheid seine Wirkung. Dass der Katastrophenschutz in der 200 Kilometer entfernten Landeshauptstadt ausrückte, war sicherlich ein Zufall, der keine weitere Beachtung finden sollte.
Weiter ging es mit der Arie „Markscheid, Markscheid, nur Du allein“, wunderbar vorgetragen von der Sopranistin Quietschie Fidel und dem Tenor Brommbert Neuer, deren Stimmen perfekt disharmonierten. Die beiden Solisten begleiteten den Kammerchor, der die unvollendeten Stücke „Am Dorfanger“ und „Nach der Pizza“ aus der Operette „Der letzte Katzenjammer vor der Kreuzigung“ des Komponisten Don Bräsius d.J. (1898 – 1963) vortrug. Beide Stücke waren so schwungvoll gespielt, dass es das Publikum, das fachkundig mitwippte, kaum noch auf den Sesseln der Markscheider Festhalle hielt, das vereinzelte Schnarchen überhörten die beiden Vortragenden allerdings höflich, wenngleich die Sopranistin böse Blicke versprühte, wie schwarzes Gift.
Nach der Pause, in welchem es einem Teil des Publikums erfolgreich gelang, den gepflegten französischen Abgang zu zelebrieren, trotz des mutigen Eingreifen des Markscheider Chapters der Hellsdevils, begann das Violinquintett der Universität mit der Jazzsonate „Nicht alle Latten am Kreuz“ des Komponisten Franz-Fritz Froschhausen (1887 – 1972). Froschhausen hatte diese geniale Komposition eigens für den Karfreitag noch auf dem Sterbebett diktiert. Die Sonate für 6 Violinen mit 2-3 Saiten wurde von Maestra Schachtel selbst dirigiert . Nach einem verhaltenen, beinahe unhörbaren, schüchternen Auftakt im Pianissisisimo, der eindringlichen Darstellung des Wachsens des Markscheider Grases, nahm das Quintett rasch an Fahrt auf. Brachiale Konzertanz vereinigt mit Tinnitus verherrlichenden Akkorden, das Crescendo führte zu explosionsartigen Erleuchtungen ab Reihe 7. Aus den Rängen davor gab es zu wenig Überlebende, um zu einem statisch signifikanten Urteil über die Wirkung zu gelangen. Als die Maestra ihre violetten Ohrschützer abzog, schreckte sie beinahe zurück vor dem tosenden Applaus, der wie ein Tornado die ehrwürdige Halle durchtoste. Man wunderte sich, dass das Gebäude diesen Härtetest schadlos bewältigte.
Weiter ging es mit dem Jazzduo J & T, die das Stück „Der Zahn der Zeit und der Zerfall“ für Saxophon und Schlagzeug in begeisternder Weise uraufführten. Gewidmet der allseits verehrten Frau Bürgermeisterin Crohn-Corque, die eine wie immer auch geartete Verbindung zum Titel mit aller Inbrunst verneinte.
Bröselnde Töne, verpackt in einen zerbrechenden Rhythmus symbolisierten tatsächlich den Zerfall. Selbiger widerfuhr leider auch den Instrumenten, nachdem die Zuschauer in Raserei verfallen waren. Den Konzertierenden geht es den Umständen entsprechend; sie können wohl in zwei bis drei Wochen die Intensivstation verlassen. So endetet das Karfreitagskonzert typisch markscheiderisch; es wurde von allen als ausserordentlich gelungen betrachtet.