Knöllenbeck Fall #26/3 Die Beichte zum perfekten Verbrechen
Wir erinnern uns: Die tüchtige Frau Fitze hat Urlaub genommen, um die restlichen Fragen zum Tod des Pastors Pichler, der an einem Kampfessen vorzeitig das irdische Jammertal verlassen hatte, zu klären. Und wie wir wissen, handelt es sich bei Frau Fitze um eine Hobby-Kampfsportlerin (DOC) mit starker Persönlichkeit und einem sehr wachen Geist (MamM-Artikel vom 21.9.23). Fräulein Karoline Specker, angesteckt vom Fitzeschen Tatendrang, wollte unbedingt mit.
Also fuhren sie nach Bayern. Als sie an der Türe des Pfarrhauses in Büttelbronn klopften, tat sich nichts. Erst nach dem dritten Betätigen des bronzenen Türklopfers in Form eines Kreuzes waren leichte Schritte vernehmbar; die Türe öffnete sich und eine etwa 45- jährige Frau mit blonden Haaren und prominenten Lippen öffnete. Ihr Gesicht war leicht gerötet und sie atmete etwas schwer, wie nach einer sportlichen Anstrengung.
„Ja, was wünschen Sie?“ Sie schien doch etwas zu erschrecken, als sie die beiden Frauen erblickte, davon eine in einer Polizeiuniform.
„Sind Sie Frau Pichler?“
„Bin ich, wer sind Sie?“ Die beiden Kriminalistinnen wurde von oben nach unten gemustert.
„Wir kommen von der Kriminalpolizei Markscheid und möchten Ihnen unser herzliches Beileid aussprechen.“
„Ah ja, Danke.“ die Frau trat einen Schritt zurück und wollte die Türe wieder schliessen.
„Ich hätte da noch ein paar Fragen, haben Sie einen Moment Zeit?“
„Nein, ich mach gerade mein Kardio Training, hab eine Privatstunde und möchte sie nicht unterbrechen.“
„Kardio Privatstunde?“
„Das geht Sie gar nichts an. Kommen Sie heute Abend wieder, wenn es unbedingt sein muss.“
Frau Fitze trat einen Schritt vor und stellte ihren Fuss in den Türspalt, bevor die Türe ganz geschlossen war.
„Moment! Es ist nicht nur ein Kondolenzbesuch; es geht auch um eine Mordermittlung, also sprechen Sie gefälligst mit mir, sonst müssen wir dieses Gespräch auf der Polizeiwache führen.“
Die Verschärfung des Tons und der Bluff wirkte. „Mord? Was sagen Sie da, mein Mann ist doch an den Folgen des Wettessens gestorben!“ Frau Pichler öffnete die Tür, liess Frau Fitze eintreten, ging voraus in die Küche und setzte sich an den Küchentisch.
Frau Fitze stellte mit Befriedigung fest, dass die leichte Gesichtsrötung der Witwe einer eher blassen Gesichtsfarbe gewichen war. Sie setzte sich Frau Pichler gegenüber. Fräulein Specker blieb neben der Türe stehen, verschränkte die Arme und versuchte, einen offiziellen, amtswichtigen Eindruck zu machen. Fitze schaute der Witwe in die Augen und sagte: „Wir wissen es!“
„Was wissen Sie? Ich hab nichts gemacht! Ich hab ihm doch nur gesagt, er solle Natron nehmen, falls sein Magen übersäuert und es ihm während des Wettessens übel wird. Und dieses Medikament gegen Erbrechen; er wäre sonst ausgeschieden, hätte er erbrochen.“
„So, so, und das Vitamin C?“
„Er hat immer viel Vitamin C genommen. P.P. hat immer gesagt: Vitamin C verlängert Dein Leben um 5 Jahre! Löffelweise hat er es in sich hineingeschaufelt“
„P.P.?“
„Er wollte, dass ich ihn Pastor Pichler nenne, das hat ihm gefallen, mit der Zeit habe ich ihn nur noch P.P. genannt. Dieses verfressene Ekel!“
„Sie waren dabei, als er starb?“
„Er hat mich angerufen, als er auf der Heimreise war; er jammerte; es gehe ihm sehr schlecht, er könne nicht mehr fahren. Also sagte ich ihm, leg Dich hin, ich komme und bring Dich nachhause. Und so bin ich mit dem Taxi zu ihm gefahren und da lag er im Kofferraum seines Wagens und war fürchterlich aufgebläht. Dieser Oldtimer hat ja keine Liegesitze. Also hab ich ihm gesagt, bleib liegen, ich bring Dich ins Krankenhaus. Das wollten wir machen, aber in Markscheid an einem Wald, da hörte ich dieses Geräusch. Ein Rumpeln und Reissen und ein letztes Stöhnen und dann war Stille. Er hat nicht mehr geatmet. Da hab ich alles Stehen und Liegen lassen und bin nachhause gefahren. Mein Kardio-Trainer hat mich abgeholt.“
Einen Moment lang herrschte angespanntes Schweigen.
Frau Fitze dachte nach. Dann sagte sie: „Sie haben ihren Mann umgebracht. Die Kombination Natron und Vitamin C und die riesige Menge Pommes und Currywurst und die Blockierung des Würgreflexes, sehr raffiniert! Sie sind verhaftet!“
Und so kam Fräulein Specker, die angehende Kriminalassistentin zu ihrer ersten Verhaftung. Allerdings wurde die trauernde Witwe Pichler bald wieder entlassen. Man konnte ihr nicht nachweisen, dass hinter ihren hilfreichen Ratschlägen zum Sieg an einem Wettessen eine Tötungsabsicht gelegen hatte. Und dass sie im Chemieunterricht aufgepasst hatte ist zwar selten, aber nicht verboten. Wie wir alle jetzt wissen, ist CO2 eh des Teufels. So sah es jedenfalls Knöllenbeck, als er den Fall definitiv schliessen konnte.