Knöllenbeck und der Höschenjodler. Teil 1: Die Verbrechen
Erneut ist Kriminalkommissar Knöllenbeck einer scheusslichen Verbrechensserie auf der Spur: Wie wir bisher an dieser Stelle noch nicht berichtet haben, macht eine neue Art von Serientäter Markscheid unsicher und hinterlässt eine Spur des Grauens.
Über mehrere Monate waren jeweils bei Vollmond Anzeigen eingegangen, meist zwischen 3 und 5 Uhr morgens, verstörte Frauen schluchzten zusammenhangslos ins Telefon und sagten etwas von „Jodeln“. Zunächst nahm Knöllenbeck diese Ereignisse nicht ernst. Als man ihm die Anzeigen vorlegte, dachte er an einen schlechten Scherz, an mutwillige Störung der nächtlichen Polizeiroutine, zerknüllte die Anzeigen und warf sie in den Papierkorb. Aber dann: Als eine der Anzeigen von Frau Kim Knetter-Haubensack, der grünen Stadträtin kam, musste er wohl oder übel höchstpersönlich ausrücken. Dies natürlich in Begleitung von Frau Jacqueline Freudenreich, seiner pfiffigen Kriminalassistentin. Bei der Fallaufnahme von vermuteten Sexualdelikten muss immer ein echter weiblicher Kriminalassistent* dabei sein. Das wusste Knöllenbeck noch von seiner Ausbildung (*aus einer Zeit also, wo noch nicht gegendert wurde und jeder und jede nur ein biologisches Geschlecht mit sich herumtrug. Anm. der Redaktion).
Die beiden Kriminalisten trafen eine offensichtlich unter Schock stehende, zitternde Frau Knetter-Haubensack an und erst als Knöllenbeck sie bei den Schultern packte und kräftig rüttelte, konnte sie einigermaßen zusammenhängend berichten:
„Ich bin aufgewacht, als jemand vom Fussende des Bettes unter meine Decke kroch, mir mein Höschen runterriss und zu jodeln begann. Ich konnte mich vor Schreck nicht rühren …“
„Was geschah dann?“ fragte die Assistentin Freudenreich, was ihr einen tadelnden Blick ihres Chefs eintrug. „Sie wollte fragen, was danach geschah,“ doppelte Knöllenbeck nach. „Äh, Moment“, er blätterte im Dienstreglement herum: “Ah. hier …”
„Wurden Sie berührt, wenn ja wo und wie und wann und wie lange?“ Der Kommissar hatte nun sein Notizbuch gezückt und fuchtelte mit einem Kugelschreiber vor der Nase der Stadträtin herum.
„Der Eindringling kroch dann wieder unter der Decke hervor und trug mein Höschen auf dem Kopf, dann stand er vor dem Bett und jodelte weiter. Schliesslich zog er sich langsam rückwärts zurück, sprang durch das Fenster und verschwand. Und, ja er hat mich berührt, als er mir meine Unterwäsche runterriss, aber sonst hat er nichts gemacht, aber dieses Jodeln….“ Frau Knetter-Haubensack begann wieder zu zittern.
„Wie hat er gejodelt, könnten sie das vormachen?“
„Nein, kann ich nicht und nun lassen Sie mich in Ruhe, suchen Sie den Täter, ich brauche jetzt einen Cognac.“
„Also gut, wenn ich auch einen kriege, gehe ich wieder.“ Knöllenbeck genehmigte sich einen, wandte sich um und befahl seiner Assistentin, den Fall inklusive Täterbeschreibung aufzunehmen. Dann kehrte er nach einem Zwischenhalt mit einigen Stärkungen für die Nerven in der Kneipe “Zum vorletzten Glas” auf die Wache zurück und kramte die früheren Anzeigen wegen sexuell belästigenden Jodelns aus dem Papierkorb heraus.
Ein verstörendes Muster zeichnete sich ab: Der oder die Täter pflegten sich ins Schlafzimmer alleinstehender Frauen einzuschleichen, bemächtigten sich brutal deren Unterwäsche, die sie sich über den Kopf stülpten und dann jodelten sie. Meist noch unter der Decke. „Also doch“, dachte Knöllenbeck. Dann suchte er im Internet unter den Stichwörtern „Höschenjodel“, „Vulvabesingen“, „Tantragesang“, „Sexualschalmeien“, „akustische Unterleibsbeschallung“ nach Mustern, als Jacqueline Freudenreich vom Tatort zurückkam und eine Täterbeschreibung mitbrachte: Mann, ca. 35 Jahre alt, stämmig, mit Karohemd und kurzer Lederhose vermutlich bayrischer Machart, das Gesicht maskiert mit dem entwendeten Kleidungsstück, auf dem Kopf einen Hut mit einer Art Pinsel mit den Haaren nach oben. Das Jodeln selbst sei eine Art „Hollaroduliöh“ und „Jollololodulioh“ mit vielen Wiederholungen in einer geschätzten Frequenz von 478 – 623 Hertz und einer Lautstärke von ungefähr 95 Dezibel gewesen.
„Aha“, sagte Knöllenbeck, „ein Geübter, ein Alpenbewohner, also entweder ein Südtiroler, ein Österreicher, ein Bayer oder ein Schweizer. Da können wir schon viele ausschliessen.“ Nach dieser Schlussfolgerung gab er der Assistentin den Auftrag, auf dem Einwohnermeldeamt Markscheids und in den Strafregistern nach passenden Individuen oder Trachtengruppen zu forschen.
Ob sich dieser Fall wirklich so einfach lösen lässt, wird wohl erst in der nächsten Folge aufgedeckt werden.