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Markscheider Mafia / Teil III 

Veröffentlicht von frcx am

Eine einsame Schneeschaufel liegt scheinbar verloren im Regen, als wir unsere Informantin ein zweites Mal treffen wollen. Zu mysteriös waren ihre Andeutungen, zu plötzlich ihr überraschender Aufbruch mitten in unserem letzten Gespräch. Da möchten wir doch noch einmal nachhaken. Genaueres erfahren. Doch wir treffen Sly Winter nicht an. Ihr Haus ist verlassen. Der Briefkasten quillt über. Die Blumen längst verdorrt. Wo ist Sly Winter?  

Etwas weiter unten im Dorf treffen wir einen Jungen auf einem Rasenmähertraktor. “Die Sly? Die haben sie abgeholt”, kann er uns berichten. Wir werden sofort hellhörig. “Wer und wann?”, möchten wir wissen. Der Junge gibt uns bereitwillig Auskunft: “Vor ein paar Wochen. Da lag noch Schnee. Sie war gerade dabei, den Weg freizuschaufeln, als dieser graue Lieferwagen mit Markscheider Kennzeichen kam. Da sind zwei Männer ausgestiegen und haben die Sly geschnappt. Die wehrte sich heftig, schrie sowas wie ‘Aber ich habe doch erst einen Artikel geschrieben!’, doch es nützte nichts. Die haben Sly in den Lieferwagen geworfen und sind mit ihr weggefahren. Ich habe sie seitdem nicht mehr gesehen.” Mehr erfahren wir nicht. Auch im Dorf herrscht eisiges Schweigen.

Unsere nächste Spur führt uns zu einem Devotionalien-Laden in Markscheid. Schon beim Betreten fällt uns die hochmoderne Sicherheitskamera mit Mikrofon auf, die über der Eingangstür angeschraubt wurde. “Ja, ich hatte hier mehrere… äh, Einbrüche”, erklärt uns der freundliche Inhaber mit einem sympathischen Lächeln. Doch als wir unsere Fragen stellen, verschwindet das Lächeln plötzlich. “Dazu kann ich nichts sagen”, kommt die wortkarge Antwort des Inhabers, während er nervöse Blicke in Richtung der Kamera wirft. “Ich kann Ihnen aber die Schriftrolle des heiligen Pizza Quattro Stagionius empfehlen”, meint er dann und zwinkert uns mit dem der Kamera abgewandten Auge zu. Will er uns etwas sagen? Ein verschlüsselter Hinweis etwa? Egal, denn wir interessieren uns nicht für angestaubte Devotionalien und verlassen den Laden wieder.

Beim Schreiben von Artikeln ist das Arbeitsumfeld von entscheidender Bedeutung

Die letzte Station  unserer Recherche führt uns zu einem luxuriösen Spa-Hotel der Oberklasse. Dort treffen wir die Inhaberin der “Kristallkugel”. Zwischen einem entspannenden Dampfbad und der wohlfühlenden Aroma-Massage findet sie kurz Zeit, unsere Fragen zu beantworten. “Den Aufenthalt hier bekomme ich geschenkt. Toll, nicht? Für jeden Artikel den ich schreibe, gibt’s einen Gutschein für ein Wellness-Wochende. Die kümmern sich wirklich sehr um mich. Sagen sie würden alles dafür tun, dass ich in bester Schreibstimmung bin”, erklärt sie lachend. “Tatsächlich? Das haben die gesagt?” fragen wir nach. “Klar, der eine meinte wörtlich zu mir: ‘Entspannen Sie erstmal, wir sorgen schon noch dafür, dass Sie wöchentlich drei Artikel schreiben’. Ist dass nicht fürsorglich?” fragt sie uns. “Nur dass mich dieser El Mephindo den Vertrag mit Blut hat unterschreiben lassen, fand ich dann doch etwas merkwürdig”, fügt sie nachdenklich hinzu, während unten ein grauer Lieferwagen mit Markscheider Kennzeichen langsam in die Lieferantenanfahrt einbiegt.