Die etwas andere Weihnachtsgeschichte in 4 Teilen / 2
Teil 2 – Die Nachgeburt
Nun wurde dem Neugeborenen ein Name gegeben, was sich zu einem komplizierten Projekt auswuchs. Sepp war für „Karl-Heinz“ (sein Großvater mütterlicherseits hatte so geheißen) und Maria für „Sigismund“ (sie hatte schon immer ein Faible für überflüssige historische Persönlichkeiten gehabt.)
Weil also ein unchristliches Streiten und Keifen anhub, platzte dem Chasper schliesslich der Kragen und er rief: „Jessesmariaundjosef, könnt ihr nicht mal in diesem feierlichen Moment aufhören zu streiten, da wird euch ein Kindlein geschenkt und ihr streitet über die Nomenklatur?“ Wir sehen, Chasper gehörte zu den belesenen Helden der Landstrasse.
Da schämte sich das Paar für seine verbalen und nonverbalen Entgleisungen, tupfte sich das Blut von den Lippen und einigte sich auf die abgekürzte Version von Jessesmaria, also auf Jesses (später wurde der Name aus historischen Gründen zu Jesus veredelt, aber das ist eine andere Geschichte, die andernorts erzählt werden wird).
Die drei Trucker waren, wie Trucker halt so sind, rauhe Gesellen (rauhe Schale, harter Kern) und dennoch machte jeder dem kleinen Jesses ein passendes Geschenk:
Der Balz spendete aus seinem Werkzeugkoffer eine neue 5-Zoll Niro-Kühlwasserschlauchbride, der Mike gab einen Satz edle, verchromte Radmuttern und der Chasper steuerte einen Kanister feinstes Motorenöl mit den Spezifikationen Heavy Duty SAE 20W50, zugelassen bis minus 25 Grad, bei.
Diese edlen Geschenke erfreuten das Herz aller Anwesenden und auch der kleine Jesses lächelte zufrieden, nachdem er zum ersten Mal mit einem süssen, garantiert lactose- und glutenfreien Baby-Powerdrink versorgt worden war.
Kurz darauf meldete Maria erneut eine krampfartige, abdominale Unpässlichkeit und zum Erstaunen aller gebar sie ein zweites Kind, ein Mädchen.
Mike vermutete scharfsinnig, es könnte sich um eine Zwillingsschwester des Neugeborenen Kindleins handeln. Nach einigem Nachsinnen stimmte auch der Sepp dieser These zu – er war überhaupt ein netter Kerl, der meist zustimmte- dies sei nur am Rande erwähnt. Der Einfachheit halber wurde das zweite Neugeborene Mary-Maggy genannt und erneut waren alle sehr glücklich.
Nun hatten es die Trucker aber sehr eilig, wegzukommen; für eine weitere Runde Geschenke fehlte es ihnen an Ideen und Material und ausserdem war das so überhaupt nicht vorgesehen gewesen. Schließlich war die Geburt eines weiblichen Wesens für die Trucker eher irritierend.
Weil bald darauf ein Reinigungsfachmensch mit Wischmob und Reinigungsabsichten erschien, wurde die heitere Runde aufgelöst und das Paar machte sich wieder auf seinen Weg nach Markscheid. Ob sie dort angekommen sind und wie es Ihnen auf dem Weg erging, erfahren wir im nächsten Bericht.