Wegen Problemen mit der Brandschutzanlage: Deutscher TÜV sperrt mit sofortiger Wirkung den Flughafen von Kabul für den internationalen Reiseverkehr!
Markscheid;Kabul (deppo): Das ist bitter! Ausgerechnet jetzt, wo sich Tausende von Menschen verzweifelt um eine Ausreise aus Afghanistan bemühen und sich am Flughafen von Kabul erschütternde Szenen abspielen, war der Technische Überwachungsverein (TÜV) gezwungen, den dortigen Reiseverkehr mit sofortiger Wirkung zu unterbinden. Aber die Sicherheit der Reisenden geht eben eindeutig vor. Wir sprachen mit dem Markscheider Klaus Nierlinger vom TÜV-Hörde am See (Nord):
MamM: Herr Nierlinger, wie kam es zu dieser umstrittenen und heiß diskutierten Entscheidung?
Nierlinger: Vor zwei Tagen kam ich mit einem Flugzeug der Bundeswehr nach Kabul, um mir im Auftrag des TÜV einen ersten Eindruck von den sicherheitstechnischen Gegebenheiten direkt vor Ort zu verschaffen. Immerhin werden hier ja auch deutsche Staatsbürger ausgeflogen. Und ich war schon nach kurzer Visite der Brandschutz- und Entrauchungsanlage entsetzt!
Im Brandfall wird der entstehende Rauch über einen Schornstein auf dem Dach ohne jeden Filter direkt ins Freie geführt. Ein umweltpolitischer Skandal! Es gibt nicht einmal einzeln ansteuerbare Ventilatoren. Und die Beschriftung der Steuerung ist mal auf englisch, mal auf russisch und dann auch wieder in arabischer Sprache ausgeführt.
Da half nun wirklich nur, den gesamten Komplex umgehend für den internationalen Flugverkehr zu sperren. Es geht schließlich um ernsthafte Sicherheitslücken.
MamM: Was kann denn jetzt getan werden?
Nierlinger: Bevor der Reiseverkehr wieder aufgenommen werden kann, muß die gesamte Brandschutz- und Entrauchungsanlage umgebaut werden. Wir vom TÜV haben da schon Erfahrungen mit dem BER in Berlin sammeln können und ich bin sehr zuversichtlich, daß ein Antrag auf Wiederinbetriebnahme des Flughafens Kabul schon in zwei bis drei Jahren gestellt werden kann.
Ist jetzt halt blöd für die Fluggäste, aber natürlich nur zu ihrem Besten.
MamM: Und was sagen die lokalen Behörden zur Sperrung des Flughafens?
Nierlinger: Der us-amerikanische Standortkommandant ist leider nicht hinreichend sensibilisiert für Sicherheitsfragen, der hat mich angeschaut, als sei ich komplett verrückt geworden. Aber es gibt in Afghanistan ja auch vernünftige Leute und bei denen habe ich offene Türen eingerannt. Der verkehrspolitische Sprecher der Taliban hat mich heute am Vormittag empfangen und mir seine volle und vorbehaltslose Unterstützung zugesagt. Seine Leute wollen den Flughafen jetzt hermetisch abriegeln und niemanden mehr durchlassen, damit da nicht noch ein Unglück geschieht.