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Die Leiche in der Emscher Teil I.

Veröffentlicht von Ambros Braesius am

Es war Donnerstag, der 10. März 2022. Also ein ganz normaler Tag, kurz vor dem Wochenende und Kriminalkommissar Knöllenbeck war ausnahmsweise früh dran.  Das heisst, einige Minuten vor 9. Er war um 6 geweckt worden, weil die Katze des Nachbarn, ein mürrischer, kampferprobter Kater namens Whisky schon früh einen Revierstreit, angetrieben von Hormonen und spezifischen Sehnsüchten unter Knöllenbecks Fenster ausgetragen hatte. Der tüchtigste Kriminalkommissar Markscheids war also nicht in bester Stimmung, als  er die Türe zu seinem Büro öffnete. Da sass einer tropfend im Besucherstuhl. 

Er, das war ein vierschrötiger, muskulöser Mann in etwas merkwürdiger Kleidung. Er trug einen rosa Neoprenanzug auf dem quer über der Brust das Wort: „Schlunk“ stand.  Der Vierschröt sass zurückgelehnt auf dem Besucherstuhl, hatte die Hände über dem Bauch gefaltet, die nackten Füsse auf Knöllenbecks Schreibtisch gelegt und schwieg. Er beobachtete mit zusammengekniffenen Augen, wie Knöllenbeck, der tüchtigste Kriminalist Markscheids um seinen Schreibtisch herumging, auf dem mickrigen, weil etwas wackeligen Chefsessel Platz nahm und seinen Besucher musterte. Also sassen die zwei da, schauten einander an und schwiegen. Schliesslich brach Knöllenbeck als unfreiwilliger Gastgeber das Schweigen und sagte:

„Guten Morgen, nehmen Sie die Füsse von meinem Schreibtisch!“ Der pinke Neopren richtete sich etwas auf , stellte die Füsse auf den Boden und seufzte.

„Keine Bodenheizung, wa?“

„Keine Bodenheizung!  Was wollen Sie?“

Hier ein Bild von Waldemar Schlunk beim Arbeiten. Es stammt aus besseren Tagen …

„Ich will ein Verbrechen melden: Man hat meine Kleidung, mein Auto, meine Ersatz-Taucherausrüstung und meinen Hund gestohlen und meine Frau wahrscheinlich ertränkt.“

Knöllenbeck nahm ein Formular aus der Schublade, zückte einen Stift und sagte: „In Anbetracht der grässlichen Verbrechen scheinen Sie ja recht gelassen! Wer sind Sie und können Sie sich ausweisen?“

„Ich bin Schlunk,“ er deutete auf den Schriftzug auf seiner Brust,  „Waldemar Schlunk und nein, kann ich nicht, weil man mir mein Zeug geklaut hat.“

„Ja, dann weiss ich nicht, ob wir ihre Anzeige aufnehmen können, weil Ihre Identität, sogar ihre Existenz unbestätigt ist, aber konfabulieren sie halt mal!“

„Also, meine Frau, die Siglinde,  und ich tauchen in der Emscher nach Sachen.“

„Sachen?“

„Unterbrechen Sie mich nicht! Sachen, die andere verloren haben oder entsorgen wollten.  Also, heute früh waren wir am Arbeiten und wie immer mit Sicherungsleinen mit unserem Auto am Ufer verbunden, als wir in 10 m Tiefe auf das Wrack eines Lieferwagens stiessen. Da sass einer am Steuer, schon ziemlich weich, also schon länger unter Wasser. Siglinde inspizierte gerade den Laderaum, da gabs einen Ruck ich wurde nach oben gerissen und mit solcher Geschwindigkeit ans Ufer gezogen, dass die Sicherheitsleine riss. Ich sah gerade noch unseren Dienstwagen – wir nennen ihn „Nauti“ – davonrasen. Als ich ans Ufer ging, sah ich, dass meine Leine gerissen war und die meiner Siglinde auch. Ich bin sofort zurück ins Wasser, aber ich habe die Siglinde und das Wrack nicht mehr gefunden. Und Nauti mitsamt meinem Hund weg!“

Knöllenbeck schüttelte bedenklich den Kopf. „Herr Schlunk, falls Sie das überhaupt sind, ich muss sie verhaften!“

„Was, wieso?“

„So ruhig, wie Sie da gesessen haben, als ich gekommen bin, ist es psychologisch evidentisch, dass ihre Emotionalität und das mutmassliche Verbrechen nicht korrelationieren. Also stimmt entweder das Corpus Delikti nicht, oder Sie haben es geplant und vielleicht sogar begangen oder gar nichts ist passiert und sie wollen Geld von der Versicherung. Stehen Sie auf!“

Dann legte Knöllenbeck dem verdutzten Neoprenmann Handschellen an und hiess Hausmeister Krawutke, den offensichtlichen Verbrecher in eine Zelle zu bringen.

Knöllenbeck holte sich einen Kaffee, setzte sich wieder hinter seinen Schreibtisch und seufzte. Endlich konnte er nach dieser lästigen Störung mit der Arbeit beginnen. Das Studium des Dudens Nr. 7 braucht halt viel Zeit.

Demjenigen, der das hier gelesen hat, ist sofort klar, dass die Geschichte noch nicht zuende ist. Anm. der Red.