Knöllenbecks Grossvater, zweiter Teil
Wir erinnern uns: Hermann Knöllenbeck (35) hatte im Jahr 1956 im Rahmen seiner Pferdeäpfelsammlertätigkeit eine Handtasche mit Blutspuren gefunden und der Besitzerin zurückgebracht, die ihn ausserordentlich erfreut willkommen hiess.
Knöllenbeck war etwas verdattert, einen solchen Empfang hatte er nicht erwartet.
„Kommen Sie herein, ich mache Ihnen einen Kaffee“, sagte die freundliche Frau Röthen und machte eine einladende Handbewegung. Knöllenbeck wagte es und fand sich in einer gemütlichen Küche wieder.
„Sie wissen ja gar nicht, welchen Gefallen Sie mir damit getan haben!“
Knöllenbeck wunderte sich. Gut, der Inhalt der Handtasche mit der Pistole war etwas aussergewöhnlich, aber es waren schwierige Zeiten und warum sollte eine hübsche Frau sich nicht schützen dürfen, zumal es noch von uniformierten, französischen Befreiern wimmelte, die abends im Ausgang gern mal deutschen Schürzen nachjagten und nicht immer höflich und mit französischem Charme fragten, bevor sie näheren Kontakt herstellten.
Da sassen sie also, schauten sich an und es war offensichtlich, dass gegenseitige Sympathie vorhanden war. Nun könnte die Geschichte abgeschlossen werden und wir könnten der Natur ihren natürlichen Lauf lassen, wären da nicht gewisse Blutflecken gewesen, von denen Hermann Knöllenbeck die Handtasche befreit hatte. Wegen der Optik und der Hygiene.
„Wo haben Sie meine Handtasche gefunden?“ fragte die hübsche Frau Röthen mit dem blauen Auge. „Wo haben Sie sie denn verloren?“, fragte Knöllenbeck pfiffig zurück.
Man sieht, einen gewisser Hang zur Kriminalistik war schon bei Hermann Knöllenbeck vorhanden, dem zukünftigen Opa unseres späteren Kriminalkommissars.
„Ich weiss nicht, ich erwachte heute morgen früh vor meiner Haustüre und kann mich nicht erinnern. Ich war noch tanzen gestern Abend, lernte einen netten Mann kennen, der mich auf einen Drink in eine andere Bar einlud und draussen erhielt ich plötzlich einen Schlag auf den Kopf, mehr weiss ich nicht.“ Sie rieb sich eine Beule am Hinterkopf und schaute ihn treuherzig an.
Knöllenbeck dachte nach: „Und die Pistole? Sie wurde frisch abgefeuert, mindestens 3 Patronen fehlen.“
Frau Röthens Lächeln erlosch: „Ah ja? Abgefeuert, sagen Sie. Davon weiss ich nichts, aber ich habe die Pistole vor einiger Zeit geschenkt bekommen und seither nur wenig benutzt.“
„Also hat man Sie niedergeschlagen, beraubt, aber die Pistole gelassen und vermutlich noch geschossen damit. Es müssen also zwei Täter gewesen sein. Vielleicht gerieten sie in Streit wegen der Beute und dann hat der eine auf den anderen geschossen?“ mutmasste Knöllenbeck. „Wieviel Geld wurde Ihnen denn gestohlen?“
„Zweitausendsiebenhundert amerikanische Dollar.“
„Oh, so viel?“
„Es waren meine ganzen Ersparnisse, ich hatte sie zufällig dabei.“
Nachdem das geklärt war, wurde Kaffee getrunken, nett geplaudert, dann ein wenig geküsst und bald stand dem intensiveren gegenseitigen Kennenlernen nichts mehr im Weg.
Als die beiden zwei Tage später während des Frühstücks in der Zeitung lasen, dass in einer Ruine eine männliche Leiche mit Schusswunden gefunden worden war, konnte Knöllenbeck beruhigt aufatmen; zumindest einer der Übeltäter würde nun niemanden mehr berauben. Also widmeten sich Hermann Knöllenbeck und Emma Röthen dem Wiederaufbau Markscheids und dem Neubau ihrer zarten Liebesbeziehung. Das mit Markscheid dauerte und ist bis heute noch nicht abgeschlossen, aber immerhin konnte etwa 9 Monate später der neugeborene Joachim Knöllenbeck (der zukünftige Vater unseres wohlbekannten Kriminalisten) willkommen geheissen werden, womit die Knöllenbecksche Erfolgsgeschichte allmählich Fahrt aufnahm.