Markscheids Naher Osten
Das Leben in der kleinen Straße im verblüffend nahen Osten Markscheids könnte angenehm und ruhig sein, gäbe es da nicht den alten Streit zwischen der Familie von Net (Hausnummer 25) und der von Ham (Hausnummer 24). Seit Jahrzehnten liegen die im Streit und es kommt in trauriger Regelmäßigkeit zum heftigen Zusammenprall zwischen den beiden. Die Schuldfrage ist komplex, eine Entspannung nicht in Sicht. Dann kommt die jüngste Eskalation …
Im Oktober 2023 lauert Ham seinem alten Feind Net auf. Als der Nachts nach Hause kommt, springt Ham aus einer Hecke und schlägt mit einem Baseballschläger heftig auf seinen Kontrahenten ein. Bilanz des Angriffs: Net muß mit gebrochenem Bein ins Krankenhaus, sein Schienbein ist komplex beschädigt, die Schmerzen sind erheblich.
Und während sein Kontrahent im Spital langsam wieder zu Kräften kommt, kidnappt Ham dessen Hund Alfy und sperrt ihn einige Tage in den Keller, um ihn erst zu töten, dann zu grillen und anschließend in geselliger Runde zu verspeisen.
Die Nachbarschaft, bisher häufig eher reserviert gegenüber Ham und Net, steht auf einmal wie ein Mann hinter dem so brutal und heimtückisch Angegriffenen. Hams Beteuerung, er sei das eigentliche Opfer, immerhin würde Nets Haus eigentlich seiner Familie und ihm gehören und der Kontrahent würde ihn schon lange schlecht behandeln, interessiert in dieser Situation niemanden mehr.
Net hingegen erhält im Krankenhaus Genesungswünsche aus der ganzen Straße, wird mit Blumen beschenkt und es kommen auch Leute vorbei und drücken ihre Solidarität aus, die das Opfer bisher am liebsten von hinten gesehen hatten. Ham hingegen fällt allgemeiner Verachtung anheim.
Net ist kaum entlassen, da öffnet er die Nachttischschublade, holt seine kleine Pistole hervor und erschießt dann den Hund seines verhassten Nachbarn, von dem er sich angeblich schon lange bedroht gefühlt hat. Zwei Wochen später stirbt Hams Katze qualvoll an von Net ausgestreutem Rattengift. Einen Monat später wird Hams Auto mit einem Brecheisen komplett zertrümmert.
Die ersten Nachbarn finden zu einer kritischen Distanz zu Net zurück.
Dann zertrümmert man Hams Schwester beide Oberarme und tritt dessen alter Mutter so heftig in den Rücken, daß die vorübergehend einen Rollstuhl braucht.
Zwei Wochen später geht Hams Haus in Flammen auf.
Die Nachbarschaft ist entsetzt, alle Sympathie für Net ist verflogen, die zuständige Staatsanwaltschaft beginnt, gegen Ham und Net zu ermitteln.
Net gibt sich empört und als verfolgte Unschuld. Er argumentiert, er habe selbstverständlich ein Recht sich zu verteidigen, es gehe nun wirklich nicht um einen Rachefeldzug. Seine Familie sei schon immer Verfolgungen ausgesetzt gewesen und seinem Urgroßvater habe man Schreckliches angetan. Im übrigen sei er und nicht Ham das Opfer und er habe alles getan, um Unschuldige zu schützen, was bei aktiver Selbstverteidigung nicht immer ganz einfach sei.
Was lernen wir daraus? 1.) Sofort ab zum Tierarzt, sobald die Katze Vergiftungserscheinungen zeigt. 2.) Eine gute Brandschutzversicherung ist Goldes wert. 3.) Oberarmschützer können vor ernsthaften Verletzungen bewahren. 4.) Nicht jeder Nachbar ist eine Bereicherung für die Wohngegend. 5.) Ham und Net gehören vor ein ordentliches Gericht.