Weiterlesen…" /> Weiterlesen…" /> ?>

Knöllenbecks Grossvater, oder wie es begann. Erster Teil.

Veröffentlicht von Ambros Braesius am

Diese Geschichte beginnt in den ausgehenden 50er Jahren des letzten Jahrhunderts, eine Zeit also, in der unsere Grosseltern im  besten Alter waren und sich allmählich wieder erholt hatten von ihren allerbesten Lebensjahren in der Finsternis der wahnsinnigen Ideologien, des Geschreis, des Blutes, der Explosionen und Verbrechen. Die Anstifter dieser Gräuel waren tot oder über den Atlantik nach Südamerika und Südafrika geflohen oder wegen ihrer herausragenden, technischen Kenntnisse in Nordamerika mit offenen Armen empfangen worden und bauten weiterhin Bomben, Raketen, Flugzeuge und Kanonen.

Manche waren auch in eine neue Identität geschloffen und hatten ein neues, harmloses Leben als Lehrer, Ärzte, Verwaltungsbeamte oder Handwerker begonnen und Arbeit gab es genug.

Im Vordergrund sehen wir Opa Knöllenbecks Arbeitsgerät. Die motorisierten Geräte im Hintergrund gehören einem unbekannten Bonzen

Deutschland war in dieser Zeit mit Aufräumen und Wiederaufbau beschäftigt, denn Pforzheim, Berlin und Dresden lagen immer noch weitgehend in Trümmern, während langsam durch die Aufräumarbeiten die Monte Scherbelinos in die Höhe wuchsen. Künstliche Hügel aus den Trümmern deutscher Zivilisation und Wohnkultur.

Jetzt in dieser Zeit, also etwa 1956, sehen wir einen gewissen Hermann Knöllenbeck (35) mit einem Handkarren hinter sich durch Markscheid humpeln. 

Der Knöllenbeck Hermann also war ein ursprünglich aus dem Saarland eingewanderter talentierter Pferdeäpfelsammler, der nach dem Krieg und anschliessender russischer Kriegsgefangenschaft das Glück hatte, zurückkehren zu können. Wegen einer Kriegsverletzung etwas gehbehindert, schlug er sich mit dem Verkauf von Pferdedung an Schrebergärtner und Rosenzüchter und mit Gelegenheitsarbeiten durchs Leben. Heute würde man sagen: „Import-Export“.

Jetzt gerade kehrt er von einem ergiebigen Arbeitstag nachhause zurück, hinter sich auf dem Handkarren einen beträchtlichen Haufen Pferdeäpfel und ein besonderes Fundstück: Eine Handtasche. Inhalt: Schminkutensilien, einen Flachmann (leer), ein Portemonnaie (leer) und eine Pistole (Luger Parabellum 9mm, halbwegs geladen mit 5 Patronen) plus einem Ausweis, lautend auf eine Emma Röthen, geboren am 4.4.1926, wohnhaft am Friedhofsanger 3, Markscheid. Aus dem Personalausweis lächelt ihm ein hübsches Gesicht entgegen. Knöllenbeck hat im Sinn, sich zuhause etwas frisch zu machen und dann der attraktiven Dame ihre verlorene Handtasche zurückzubringen. Wie er die Handtasche vom Karren nimmt, sorgfältig darauf bedacht, sie nicht mit der übrigen Ladung in Berührung zu bringen, sieht er, dass ein Griff und eine Aussenseite der Handtasche eingetrocknete, bräunliche Blutflecken aufweisen. „So kann ich die Handtasche nicht zurückgeben“, denkt er und reinigt sie sorgfältig, bevor er sich auf den Weg macht. Er ist ein ordentlicher Mensch.

Am Friedhofsanger 3 muss er lange klopfen, bis sich hinter der Türe etwas rührt. „Wer ist da?“ sagt eine leise Stimme, dann geht die Türe einen Spalt auf. Schliesslich öffnet sie sich ganz und da steht sie: Hübsch, zierlich, aber etwas zerzaust und mit einem blauen Auge, in der rechten Hand ein grosses Küchenmesser. „Was wollen Sie“ fragt sie, das Messer kampfbereit. Knöllenbeck stottert etwas herum und hält ihr schliesslich wortlos die Handtasche hin. Da strahlt sie, legt das Messer weg, wirft einen prüfenden Blick in die Tasche und umarmt den verdatterten Knöllenbeck überschwänglich. „Sie sind mein Retter – ich dachte schon, die Polizei stehe vor der Tür!“

Wie es weitergeht und ob, wird möglicherweise in einem der nächsten Artikel offen gelegt. Anm. der Red.